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OLG Hamm Urteil vom 31.01.2012 - I-4 U 169/11 - Kontaktaufnahme vor Abmahnung nötig?
OLG Hamm v. 31.01.2012: Kontaktaufnahme vor Abmahnung nötig?
Das OLG Hamm (Urteil vom 31.01.2012 - I-4 U 169/11) hat entschieden:
Mitbewerber könne im Einzelfall vereinbaren, vor einer formellen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt miteinander Kontakt aufzunehmen und auf ein aus Sicht eines Mitbewerbers als wettbewerbswidrig angesehenes und zu unterlassenes Verhalten hinzuweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, das Verhalten ohne den Anfall weiterer Folgekosten sofort einzustellen. Auch ohne eine Vereinbarung kann einem Erstattungsanspruch hinsichtlich der Abmahnkosten der Grundsatz von Treu und Glauben im Hinblick auf ein widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB) entgegen stehen, wenn der Abmahnende auf seiner Internetseite selbst von seinen Mitbewerbern verlangt, dass diese sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst im Rahmen eines Vorabkontakts selber an ihn wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden.
Siehe auch Kontaktaufnahme vor Abmahnung und Stichwörter zum Thema Abmahnung
Gründe:
Die Klägerin ist in C als Personalvermittlung tätig und vermittelt auch Pflegekräfte. Sie bietet ihre Vermittlungsdienste und Pflegepersonal auch im Internet unter *Internetadresse* an. Der Beklagte vermittelt Pflegekräfte jedenfalls im Raum P.
Im Internetauftritt vom 7. September 2011 (Bl.40) teilte die Klägerin unter der Rubrik Haftungsausschluss folgendes mit:
"Um die Kosten eines Rechtsstreits zu vermeiden, sollten Sie uns im Vorfeld bei unvollständigen Angaben, wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen oder ähnlichen Problemen auf dem Postwege kontaktieren. Eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung ohne diesen vorab Kontakt, wird aus Sicht der Schadensminderungspflicht als unzulässig abgewiesen."
Der Beklagte warb im ... Tageblatt vom 20./21. August 2011 unter der Rubrik "Pflegedienste" im Bereich der Geschäftsempfehlungen (Bl.6) wie folgt:
"Liebev. qualif. 24h Pflege/Betreuung Telefon ... o. ..."
Die Klägerin ließ den Beklagten wegen dieser Zeitungswerbung mit Anwaltsschreiben vom 24. August 2011 (Bl.7 ff.) abmahnen und zur Erstattung der entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 755,80 € auffordern, weil die Anzeige den unzutreffenden Eindruck eines privaten Stellengesuchs erwecke. Der Beklagte gab mit Anwaltsschreiben vom 7. September 2011 (Bl.10 ff.) ungeachtet seiner zum Ausdruck gebrachten Zweifel an der Berechtigung der Abmahnung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Eine Kostenerstattung lehnte er ab.
Die Klägerin hat die Erstattung der auf der Grundlage eines Streitwerts von 15.000,-- € berechneten und von ihr schon bezahlten Kosten in Höhe von 755,80 € nebst Zinsen zum Gegenstand der vorliegenden Klage gemacht. Sie hat weiterhin geltend gemacht, dass in der Anzeige die gewerbliche Vermittlertätigkeit des Beklagten verschwiegen werde. Sie hat behauptet, bundesweit tätig zu sein und durch die Beschäftigung von Außendienstmitarbeitern auch Aufträge im Großraum ... zu erhalten. Sie habe zudem zahlreiche Altenpfleger in das Ruhrgebiet und den Bereich von N und P vermittelt. Daraus ergebe sich ein konkretes Wettbewerbsverhältnis der Parteien.
Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Er hat gemeint, zur Erstattung der Anwaltskosten nicht verpflichtet zu sein. Einem Unterlassungsanspruch der Klägerin stehe schon entgegen, dass es wegen der unterschiedlichen regionalen Tätigkeitsbereiche an einem gemeinsamen Abnehmerkreis fehle. Er biete seine Vermittlungsleistungen ausschließlich im Raum P an und werbe dort für sie nur durch Zeitungsanzeigen. Es könne deshalb zu keinen Überschneidungen bei den beiderseitigen Dienstleistungen kommen. Mit näheren Ausführungen hat der Beklagte ferner geltend gemacht, einem Kostenerstattungsanspruch stehe entgegen, dass die Klägerin ihn rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG abgemahnt habe. Diese habe insbesondere - wie unstreitig ist - auch andere gewerbliche Pflegevermittlungen auf ähnliche Weise abgemahnt. Im Übrigen müsse sich die Klägerin selbst an ihrem im Internet verbreiteten Hinweis festhalten lassen, dass es die Schadensminderungspflicht erfordere, die Kosten eines Rechtsstreits dadurch zu vermeiden, dass man sie bei wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen zunächst auf dem Postweg kontaktiere, bevor man eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung aussprechen lasse. Sie hätte ihn, den Beklagten, deshalb gleichfalls vorab auf die Missverständlichkeit der beanstandeten Werbung hinweisen müssen. Dann wären die Anwaltskosten vermieden worden. Der Beklagte hat weiterhin gemeint, die Abnehmerkreise würden durch die Werbung nicht irregeführt, weil bereits aus dem Angebot der entsprechenden Dienstleistungen unter "Pflegedienste" jedem klar sei, dass es sich um ein gewerbliches Angebot handeln könne.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der ihr in Zusammenhang mit der Abmahnung entstandenen Kosten gegen den Beklagte habe. Es spreche zwar viel dafür, dass die erhobene Beanstandung materiell-rechtlich berechtigt gewesen sei. Zweifelhaft sei aber bereits, ob das erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehe. Darauf komme es letztlich nicht an, weil ein Kostenerstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 1 UWG im vorliegenden Fall an § 242 BGB scheitere. Unabhängig von der Regelung des § 8 Abs. 4 UWG blieben die allgemeinen Regelungen über ein treuwidriges Verhalten anwendbar. Die Klägerin verhalte sich hier treuwidrig, weil sie an Mitbewerber das Ansinnen stelle, vor einer kostenpflichtigen Abmahnung zunächst einen "Vorabkontakt" auf dem Postweg zu suchen. Diesen selbst aufgestellten Anforderungen sei die Klägerin aber nicht gerecht geworden, als sie den Beklagten sogleich anwaltlich abmahnen ließ. Sie habe sich damit in einer solchen Weise widersprüchlich im Sinne des § 242 BGB verhalten, dass ihr Verhalten zu einem unauflösbaren Selbstwiderspruch geführt habe und ihr ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten deshalb versagt werden müsste. Anderes könnte nur gelten, wenn es sichere Anhaltspunkte dafür gegeben hätte, dass hier ein "Vorabkontakt" voraussehbar erfolglos gewesen wäre. An solchen Anhaltspunkten fehle es aber.
Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an. Sie verweist zunächst darauf, dass sie keine Gelegenheit mehr erhalten hätte, auf die Schriftsätze des Beklagten zu replizieren. Aus diesem Grunde könne auch ein eventueller neuer Sachvortrag in Zusammenhang damit nicht als verspätet zurückgewiesen werden. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch lägen vor; zu bejahen sei insbesondere auch ein konkretes Wettbewerbsverhältnis der Parteien. Das habe auch das Landgericht nicht verneint. Das Landgericht habe vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass ihrem Erstattungsanspruch der Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstehe. Dabei habe es nicht hinreichend berücksichtigt, dass § 8 Abs. 4 UWG eine Sonderregelung darstelle, neben der § 242 BGB subsidiär sei. Der Vorschlag eines Vorabkontakts in ihrem Internetauftritt beziehe sich nicht auf die Geltendmachung des hiesigen Unterlassungsanspruchs, so dass bereits von daher eine Anwendung der Sonderregelung ausscheide. Auch ein sonstiger Rechtsmissbrauch sei nicht zu erkennen. Ihr Vorschlag sei nicht verbindlich für die Mitbewerber. Wenn sie dennoch eine kostenpflichtige Abmahnung erhalte, müsse sie die dafür geltend gemachten Anwaltskosten erstatten. Im Übrigen sei ihr Vorschlag auch so zu verstehen, dass es Fälle von Wettbewerbsverstößen mit einfach gelagertem Sachverhalt geben könnte, die ohne Hinzuziehung eines Anwalts geahndet werden könnten und in denen eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung im Hinblick auf die entstehenden Kosten unzulässig sein könnte. Um einen solchen Fall gehe es hier gerade nicht. Die Klägerin verfüge weder über eine eigene Rechtsabteilung noch habe sie massenhafte gleichlautende Abmahnungen von einfach gelagerten Wettbewerbsverstößen ausgesprochen. Das hier beanstandete Verhalten sei vielmehr ein besonders schwerwiegender Verstoß, der die Lauterkeit des Wettbewerbs in besonderem Maße beeinträchtige. Zwar treffe zu, dass sie Verstöße der hier gerügten Art häufiger beanstande, weil sie selbst durch solche Verschleierung des gewerblichen Umfeldes eines Pflegeangebots in ihrem Wettbewerb ganz erheblich eingeschränkt werde. Dennoch gehe es stets um ein individuelles Verhalten im Rahmen einer Anzeigenwerbung, das sich nicht beliebig auf andere Fälle übertragen lasse. Der Wortlaut und die Gestaltung der Anzeige müssten jeweils gesondert darauf überprüft werden, ob sie auf die Gewerblichkeit des Werbenden hindeute. Da es auch auf die Begleitumstände entscheidend ankäme, sei sie im vorliegenden Fall berechtigt gewesen, einen Anwalt mit der Überprüfung der Rechtslage zu beauftragen. Dafür spreche insbesondere, dass die Identität der werbenden Konkurrenten jeweils erst durch eine umfangreiche Recherche ermittelt werden könnte.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 755,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2011 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt mit näheren Ausführungen das erstinstanzliche Urteil. Nach Auffassung des Beklagten hätte die Klägerin hier die Möglichkeit gehabt, ihn persönlich von dem angeblichen Wettbewerbsverstoß zu unterrichten. Eine große rechtliche Beurteilung sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen. Die für eine solche Unterrichtung erforderlichen Angaben hätte die Klägerin durch einen Telefonanruf ermitteln können. Tatsächlich habe ihn der von der Klägerin benannte Zeuge am 20. oder 21. August 2011 angerufen und Interesse an einer Pflegeperson bekundet. Daraufhin habe er, der Beklagte, dem Anrufer seinen vollständigen Namen angegeben. Der Beklagte hebt hervor, dass die Erklärung der Klägerin auf deren Internetseite seines Erachtens unter keiner Bedingung steht. Deshalb müsse sich die Klägerin an ihrem eigenen Verlangen gegenüber Wettbewerbern festhalten lassen. Der Beklagte, der weiterhin ein konkretes Wettbewerbsverhältnis der Parteien in Abrede stellt, bejaht letztlich ein missbräuchliches Verhalten der Klägerin im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG und des § 242 BGB.
II.
Die Berufung ist unbegründet, weil der Klägerin der Erstattungsanspruch im Hinblick auf die Anwaltskosten in Höhe von 755,80 € nebst Zinsen gegen den Beklagten nicht zusteht.
1) Der Klägerin könnte aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nur dann ein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 755,80 € zustehen, wenn die Abmahnung wegen des von ihr beanstandeten Verhaltens des Beklagten berechtigt war und es sich bei den Anwaltskosten auch um erforderliche Aufwendungen in Zusammenhang mit der berechtigten Abmahnung gehandelt hat. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls nicht sämtlich vor.
a) Berechtigt im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ist eine Abmahnung jedenfalls dann, wenn der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht und die Abmahnung entsprechend ihrer wettbewerbsrechtlichen Aufgabe auch erforderlich ist, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (BGH GRUR 2010, 354 Tz. 8 -Kräutertee; Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 29. Auflage 2011, § 12 UWG Rdn. 1.80).
b) Nach dem Vortrag der Klägerin ist davon ausgehen, dass der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestanden hat, insbesondere angesichts der vorgetragenen bundesweiten Aktivitäten und den Internetangeboten der Klägerin auch ein konkretes Wettbewerbsverhältnis der Parteien gegeben ist. Die Anzeige in der Rubrik der "Pflegedienste" ist im Hinblick auf den Anbieter der Dienstleistungen zumindest mehrdeutig. Die Pflegedienste können von den angesprochenen Verbrauchern als gewerbliche Dienste von einem Unternehmen, aber genauso als Dienste von Privatleuten, die zur Pflege und Betreuung fähig sind, verstanden werden.
c) Darauf kommt aber nicht entscheidend an, weil die Abmahnung hier nicht berechtigt war, weil sie - jedenfalls so - auch im Hinblick auf die Erstattung von Anwaltskosten nicht erforderlich gewesen wäre, um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden. Bereits ein Vorabkontakt durch die Klägerin selbst hätte hier ausgereicht, um eine förmliche Abmahnung durch einen Anwalt und den damit verbundenen Anfall von erheblichen Kosten ebenso zu vermeiden wie ein gerichtliches Verfahren. Zwar stellt § 12 Abs. 1 UWG nicht nur klar, dass der zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs berechtigte Mitbewerber grundsätzlich nicht nur sofort abmahnen kann, sondern auch abmahnen soll, um ein gerichtliches Verfahren möglichst zu vermeiden. Ein kleines Unternehmen, das über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, kann die Abmahnung auch grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt aussprechen lassen. Das ändert aber nichts daran, dass Mitbewerber im Einzelfall vereinbaren können, vor einer formellen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt miteinander Kontakt aufzunehmen und auf ein aus Sicht eines Mitbewerbers als wettbewerbswidrig angesehenes und zu unterlassenes Verhalten hinzuweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, das Verhalten ohne den Anfall weiterer Folgekosten sofort einzustellen. Solche Absprachen sind dem Senat schon wiederholt in anderen Fällen bekannt geworden. Zwar haben die Parteien hier eine Vereinbarung solcher Art unstreitig nicht getroffen. Einem Erstattungsanspruch der Klägerin steht hier aber der Grundsatz von Treu und Glauben im Hinblick auf ein widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB) entgegen. Der Grundsatz ist hier anwendbar, weil jedenfalls nach dem Klägervortrag eine durch einen Wettbewerbsverstoß des Beklagten entstandene Rechtsbeziehung als rechtliche Sonderverbindung zwischen den Parteien anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung gilt in diesem Bereich des Wettbewerbsrechts, dass sich aus § 242 BGB sogar Handlungspflichten, nämlich eine Verpflichtung zur Antwort und zu einem Hinweis auf eine eventuelle Drittunterwerfung ergeben können (vgl. BGH GRUR 1987,54, 55 -Aufklärungspflicht des Abgemahnten, BGH GRUR 1990,381 -Antwortpflicht des Abgemahnten, Senat 4 U 64 / 10 - Aufklärungspflicht des Hingewiesenen). Die Klägerin muss sich deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben so behandeln lassen, als ob im Rahmen dieser Sonderverbindung eine solche Absprache getroffen worden wäre, weil ihr Verhalten ansonsten einen unauflösbaren Selbstwiderspruch darstellen würde.
d) Die Klägerin verlangt von ihren Mitbewerbern, dass diese sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst im Rahmen eines Vorabkontakts selber an sie wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden. Sie droht an, sich im Falle einer sofortigen förmlichen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt auf eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den abmahnenden Mitbewerber zu berufen. Auch wenn diese Einschätzung ohne eine gesonderte Vereinbarung der obigen Art rechtlich nicht zutreffend ist und dem abmahnenden Mitbewerber freisteht, sofort abzumahnen und die Kosten dafür erstattet zu verlangen, wird der rechtlich unkundige Mitbewerber in dieser Frage verunsichert und kann sich veranlasst sehen, die Klägerin vor einer anwaltlichen Abmahnung vorsichtshalber selber anzuschreiben. Derjenige, der eine solche Vorgehensweise von den Mitbewerbern unter Androhung einer Sanktion verlangt und diese dadurch zu einem bestimmten Verhalten veranlasst, muss sich dann auch selbst so verhalten. Er bindet sich mit einer solchen Verhaltensempfehlung in Bezug auf sein eigenes Verhalten in ähnlicher Weise, als wenn er sich vertraglich zu einem solchen Vorabkontakt verpflichtet hätte. Mit diesem zu erwartenden Verhalten setzt sich die Klägerin in rechtlich erheblicher Weise in Widerspruch, wenn sie unstreitig noch wiederholt Mitbewerber wie hier den Beklagten wegen eines bestimmten Anzeigeninhalts sofort durch einen Anwalt abmahnen lässt. Den Mitbewerbern wird die aus Rechtsgründen für erforderlich gehaltene Vergünstigung genommen, kostenneutral auf einen Wettbewerbsverstoß hingewiesen zu werden, die die Klägerin für sich in Anspruch nimmt. Für dieses widersprüchliche Verhalten sind auch keine Gründe ersichtlich. Das Begehren eines Vorabkontakts wird von der Klägerin ausdrücklich nicht auf einfache und unkomplizierte Wettbewerbsverstöße beschränkt, sondern soll für alle Mitbewerber und uneingeschränkt gelten. Der Beklagte konnte sich durchaus davon angesprochen fühlen und im Umkehrschluss auf ein gleichartiges Verhalten der Klägerin vertrauen. Die Klägerin ist im Falle einer solchen Selbstbindung auch nicht daran gehindert, die Berechtigung einer Abmahnung durch einen Anwalt prüfen zu lassen, dann allerdings auf ihre Kosten.
e) Einer solchen Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben steht die Vorschrift des § 8 Abs. 4 UWG auch nicht als Sonderregelung entgegen. Es geht vielmehr um zwei völlig unabhängige Regelungsbereiche. Während § 8 Abs. 4 UWG regelt, dass dem Mitbewerber die Klagebefugnis dann nicht zustehen soll, wenn die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auf sachfremden Motiven beruht, kann das treuwidrige Verhalten der hier zu diskutierenden Art allenfalls einem Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten entgegenstehen, wenn die Geltendmachung eines solchen Erstattungsanspruchs ungeachtet eines weiter bestehenden Unterlassungsanspruchs widersprüchlich erscheint.
2) Die Klägerin kann die entstandenen Kosten auch schon deshalb nicht ersetzt verlangen kann, weil sie nach den obigen Ausführungen auch nicht als erforderlich anzusehen sind. Sie könnten nur dann ohnehin erforderlich gewesen sein, wenn sich hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der Beklagte sich hier bei einem Vorabkontakt, wie ihn die Klägerin als Verhaltensgebot für sich selber in Anspruch nahm, nicht bereit erklärt hätte, das beanstandete Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Das war hier auch völlig ausreichend, weil es sich um kein Dauerdelikt handelte. Es liegt entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein so eindeutiger und gravierender Verstoß vor, der aus ihrer Sicht (ausnahmsweise) eine anwaltliche Abmahnung zwingend notwendig erscheinen lassen musste. Dagegen spricht schon die vom Beklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.