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OLG Köln Urteil vom 13.05.2002 - 19 U 211/01 - Einordnung eines Domainüberlassungsvertrags als Miet- bzw. Pachtvertrag

OLG Köln v. 13.05.2002: Zur Einordnung eines Domainüberlassungsvertrags als Miet- bzw. Pachtvertrag


Das OLG Köln (Urteil vom 13.05.2002 - 19 U 211/01) hat entschieden:
    Bei Verträgen über Domain-Überlassungen, bei der man auch von Domain-Vermietung spricht, handelt es sich um Verträge mit miet- oder pachtrechtlichem Charakter, deren Gegenstand das durch die Registrierung bei der Vergabestelle begründete Nutzungsrecht des Domaininhabers ist. Da die Domain selbst keine Sachqualität hat, finden die mietrechtlichen Vorschriften über die Vorschrift des § 581 BGB Anwendung.

  1. Wird der Domainüberlassungsvertrag beendet, so folgt daraus, sofern keine abweichenden Parteivereinbarungen vorliegen, die Rückerstattung im Voraus gezahlter laufender Verwaltungs- und Nutzungsgebühren an den Domainnutzer.

  2. Bei der einmaligen Registrierung der Domain handelt es sich um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung als Gegenstand eines Werkvertrages.




Siehe auch Internet-Service-Provider-Verträge und Internet-Systemverträge


Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch über die Frage, ob die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung von 10.240,98 DM wegen im Voraus geleisteter Domainverwaltungsgebühren hat, mit dem sie in Höhe von 4.439,58 DM die Aufrechnung erklärt und den sie im Übrigen mit der Widerklage geltend macht.

Ein solcher Rückzahlungsanspruch steht der Beklagten aus §§ 581, 557 a BGB a.F. zu.

Die Vorschrift des § 557 a BGB a.F., die die Rückzahlung des für die Zeit nach der Beendigung des Mietverhältnisses im Voraus entrichteten Mietzinses regelt, ist im vorliegenden Fall jedenfalls über § 581 BGB anwendbar. Der Vertrag zwischen den Parteien über die Einrichtung und Verwaltung der Internet-Domains und die Einräumung der Nutzungsmöglichkeiten ist, soweit es um das Bereitstellen der Speicherkapazitäten für die Domains geht, als Miet- bzw. Pachtvertrag einzuordnen.

Bei Verträgen über Domain-Überlassungen, bei der man auch von Domain-Vermietung spricht, handelt es sich nach der überwiegend in der Literatur vertretenen Ansicht um Verträge mit miet- oder pachtrechtlichem Charakter, deren Gegenstand das durch die Registrierung bei der Vergabestelle begründete Nutzungsrecht des Domaininhabers ist. Da die Domain selbst keine Sachqualität hat, dürften dabei die mietrechtlichen Vorschriften über die Vorschrift des § 581 BGB Anwendung finden (Härting, ITRB 2002, 96, 97f. m.w.N.). Während es sich bei der einmaligen Registrierung der Domain um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung als Gegenstand eines Werkvertrages handelt (Schuppert in Spindler, Vertragsrecht des Internet-Providers, 2000, Kap. 6 Rn. 11, S. 479), begründen die fortlaufenden Verwaltungstätigkeiten, die der Dienstleister verspricht, ein Dauerschuldverhältnis, das dem Mietvertrag bzw. Pachtvertrag zumindest sehr ähnlich ist (Schuppert in Spindler, aaO, Kap. 6 Rn. 33 i.V.m. Kap. V Rn. 159, Kap. V Rn. 3 ff.).

Die Einordnung des W.-H.-Vertrags als Mietvertrag bzw. Pachtvertrag, soweit es um die Bereitstellung von Speicherkapazität geht (vgl. dazu auch ausführlich Müller in Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, 2001, Kap. 14 Rn. 11 ff.), entspricht auch der Rechtsprechung des BGH zu Rechenzentrumsverträgen, worauf Müller (aaO Rn. 17) zu Recht hinweist. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 28.10.1992 - VII ZR 92/91 - das Verhältnis zwischen Rechenzentrum und einem Kunden, der im Rahmen der Rechnerkapazitäten den Rechner zur Datenverarbeitung mittels Datenfernübertragung nutzte, ohne dass das Zentrum selbst Ergebnisse schuldete, als Mietvertrag qualifiziert.

Danach ist der Vertrag zwischen den Parteien, soweit es um die Bereitstellung von Speicherkapazitäten und das Zur-Verfügung-Halten der Domain-Namen geht, als Vertrag mit miet- bzw. pachtähnlichem Charakter einzuordnen.

Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist zum 1. August 2000 beendet worden.

Da die Parteien für Einrichtung und Verwaltung der Domains und Einräumung ihrer Nutzungsmöglichkeit weder eine feste Laufzeit noch bestimmte Kündigungsfristen vereinbart haben, war das Vertragsverhältnis, soweit es die Bereitstellung von Speicherkapazitäten betrifft, grundsätzlich frei, d.h. mit einer Frist von höchstens zwei Tagen zu jedem beliebigen Termin kündbar (§§ 565 Abs. 4, 564 Abs. 2 BGB); soweit wegen der Verpachtung der Domain-Namen mangels Sachqualität Pachtrecht Anwendung, kommt eine Kündigung nach § 584 BGB a.F. allerdings nur für den Schluss des Pachtjahres, und zwar spätestens zum dritten Werktag des halben Jahres in Betracht, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll. Die Möglichkeit der fristlosen Kündigung bleibt daneben unberührt (Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 584 Rn. 3).

Das Mietverhältnis ist hier entweder durch die fristlose Kündigung des Klägers oder durch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages zum 1.8.2000 beendet worden. Es kann deshalb letztlich dahinstehen, welche Gründe zur Beendigung der geschäftlichen Zusammenarbeit der Parteien geführt haben.

Der Kläger hat am 1.8.2000 den Server der Beklagten vom Netzwerk getrennt, die Passwörter der Domains geändert und damit der Beklagten den Zugriff auf diese verwehrt. Darin ist nicht lediglich die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes wegen offener Forderungen gegen die Beklagte zu sehen. Wie sich aus dem Begleitschreiben vom 1.8.2000 (Anlage B 7) ergibt, hat der Kläger die Inanspruchnahme seiner Dienste im August von der Bestellung eines neu angebotenen Services mit getrennten Kosten für die Unterstellung des Servers, von gesondert zu zahlenden Traffickosten und der Zahlung eines besonderen Entgeltes für Email-Postfächer abhängig gemacht. Die weitere Verwaltung der Domains und die Bereitstellung von Speicherkapazitäten hat er nicht nur von der Begleichung offener Rechnungen abhängig gemacht, sondern vor allem von der Umstellung des Vertrages auf diese neuen Bedingungen. Dies geht über die bloße Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts hinaus.

Ob der Kläger berechtigt gewesen ist, das Vertragsverhältnis fristlos zum 1.8.2000 zu kündigen, braucht im vorliegenden Rechtsstreit nicht entschieden zu werden. Denn die Parteien haben nach ihrem unstreitigen Vorbringen das Vertragsverhältnis einverständlich rückwirkend zum 1.8.2000 beendet. Aus dem Email-Protokoll vom 2.8.2000 (Anlage 10 zu GA 121 ff.) ergibt sich, dass die Beklagte die Umstellung der Domains beabsichtigte, von dem Kläger die Erstellung einer Endabrechnung wünschte und diesem ankündigte, er solle von einem Serverabbau und einer Domainumleitung zu t.n. ausgehen, und dass der Kläger mit dieser Umleitung der Domains ("Mach Druck bei P. und alles wird gut"; "hoffentlich klappt die Umstellung der Domains reibungslos, damit du schnell deinen ProjektPC freibekommst") einverstanden war. Dementsprechend hat die Beklagte am 3.8.2002 den Server auch beim Kläger abgebaut und bei einem anderen Provider aufstellen lassen.

Folge der einverständlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 1.8.2000 ist nach § 557 a BGB a.F., dass die Beklagte ihre im Voraus entrichteten Domainverwaltungsgebühren zurückerhält. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie die einverständliche Vertragsaufhebung zu vertreten hat oder nicht. Selbst wenn den Kläger kein Verschulden an der Vertragsbeendigung träfe, müsste er nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung die im Voraus entrichteten Gebühren zurückzahlen.

Dass die Gebühren im Voraus entrichtet worden sind, unterliegt nach dem unstreitigen Parteivorbringen keinem Zweifel. Es handelt sich bei den Gebühren, deren Rückzahlung der Beklagte begehrt, nicht um die einmalige Gebühr für die Einrichtung der Domains, sondern um laufende Verwaltungs- bzw. Nutzungsgebühren, die nicht verbraucht und daher mangels abweichender Vereinbarung der Parteien zurückzuerstatten sind.

Die Parteien haben die Regelung des § 557 a BGB a.F. auch nicht durch eine andere Absprache abbedungen. Der Kläger hat zwar behauptet, es sei vereinbart worden, dass fest für ein Jahr gezahlt werde und die bei früherer Vertragsbeendigung nicht genutzten Gebühren nicht zurückerstattet werden sollten. Der Kläger hat dieses, von der Beklagten bestrittene Vorbringen aber nicht unter Beweis gestellt. Auch die informatorische Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten durch den Senat hat die behauptete Vereinbarung, es handele sich bei den Gebühren um nicht rückzahlbare Jahresgebühren, nicht ergeben. Zwar hat der Kläger sein schriftsätzliches Vorbringen bestätigt, wonach er bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten erklärt habe, eine Erstattung der Gebühren komme nicht in Betracht, er selbst erhalte von seinem Provider ebenfalls keine Rückerstattung. Der Geschäftsführer der Beklagten ist diesem Vortrag aber entgegen getreten und bei seiner Behauptung geblieben, es sei über die näheren Modalitäten im Falle einer Beendigung des Vertrages nicht gesprochen worden. Auch aus den vorgelegten Vertragsunterlagen lassen sich Vereinbarungen der Parteien über die Rückzahlung von Domain-Gebühren nach Vertragsbeendigung nicht entnehmen. Zwar findet sich in früheren Rechnungen bis Anfang 1999 der Hinweis auf eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten. Ein solcher Hinweis ist aber in der Folgezeit und hinsichtlich der hier streitigen Domain-Gebühren nicht mehr aufgenommen worden. Im Übrigen hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass die Domain-Gebühren, die auf die Zeit nach Vertragsbeendigung entfallen, noch in den Rahmen einer solchen Mindestlaufzeit fallen. Hinzu kommt, dass der Kläger auch nur teilweise Gebühren für ein ganzes Jahr, teilweise aber auch nur für einen oder mehrere Monate berechnet hat.

Soweit in dem elektronischen Gesprächsprotokoll vom 2.8.2000 (Anlage 10 zu GA 121 ff.) die Frage der Kostenerstattung der zum Teil bis Dezember 2000 bereits bezahlten Domain-Kosten angesprochen worden ist, hat die Beklagte vorsorglich die Kostenerstattung für den Fall angemeldet, dass ihm die Nutzung der Domains bis zum Wechsel zu einem anderen Provider nicht erschwert oder gar unmöglich gemacht werde. Auch daraus ergibt sich aber nicht hinreichend, dass die Beklagte bei ungestörter Nutzung bis zum Providerwechsel dem Kläger die im Voraus entrichteten Gebühren belassen wollte, ganz abgesehen davon, dass mit dem Serverabbau am nächsten Tag eine weitere Nutzung nicht mehr in Betracht kam.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, es entspreche den in der Branche üblichen Gepflogenheiten, die Domain-Gebühren bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht zurückzuerstatten, so dass dieser Brauch auch Grundlage der Vertragbeziehungen zwischen den Parteien gewesen sei. Wie die von den Parteien vorgelegten Schreiben und Tarife verschiedener Provider zeigen, existieren verschiedene Abrechnungsmöglichkeiten, deren Berechtigung sich nach den zwischen den einzelnen Vertragspartnern vereinbarten Bedingungen richtet. Solche Bedingungen haben die Parteien untereinander aber nicht vereinbart. Sie haben weder die Rückzahlung der Gebühren davon abhängig gemacht, dass der Kläger seinerseits die verauslagten Gebühren zurückerstattet erhält noch Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen vereinbart. Auf Vereinbarungen, die andere Nutzer und Provider üblicherweise über die Domainüberlassung schließen, können sie sich daher nicht berufen.

Soweit die Vertragsbeziehungen neben dem Zur-Verfügung-Stellen von Speicherkapazitäten und der Nutzung der Domains auch Verwaltungstätigkeiten des Klägers beinhalteten und diese mit den Gebühren mitabgegolten werden sollten, steht der Beklagten ein Rückforderungsanspruch nach § 628 Abs. 1 S. 3 BGB, der inhaltlich der Regelung des § 557 a BGB a.F. entspricht, zu.

Der Höhe nach hat die Beklagte in der Berufungsinstanz die Forderung unter Vorlage der entsprechenden Rechnungen belegt. Erhebliche Einwendungen gegen die Höhe hat der Kläger nicht mehr erhoben.

Der Zinsanspruch ergibt sich entsprechend den §§ 284, 288, 291 BGB a.F.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 97 Abs. 2, 344, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren der Beklagten trotz ihres Obsiegens in der Berufungsinstanz aufzuerlegen, da sie erstmals ihre Gegen- und Widerklageforderung der Höhe nach substantiiert hat.



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