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Landgericht Berlin Urteil vom 15.01.2008 - 103 O 162/07 - Keine markenrechtliche Kennzeichenbenutzung durch Wiedergabe von Firmennamen in Google-Adsense-Anzeigen
LG Berlin v. 15.01.2008: Keine markenrechtliche Kennzeichenbenutzung durch Wiedergabe von Firmennamen in Google-Adsense-Anzeigen
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 15.01.2008 - 103 O 162/07) hat entschieden:
Die Google-Adsense-Anzeigen sind keine Dienstleistung des Publishers, auch wenn dieser mit jedem Klick auf eine Anzeige Geld verdient. Die Anzeigen sind deutlich als von Google stammend gekennzeichnet. Der Internetnutzer weiß, dass die Anzeigen nicht vom Betreiber der Seite verantwortet werden, sondern eben von Google. Der Publisher hat auch keinen Einfluss darauf, welche Anzeigen auf seiner Seite generiert werden.
Tatbestand:
Die Klägerinnen fordern die Erstattung von Abmahnkosten. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin zu 1) ist die Muttergesellschaft der ...-C...-Versicherungsgruppe. Die Klägerin zu 2) betreibt das Onlinegeschäft für den ...-C..-Konzern. Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin der deutschen Marken ...-C.. und ... sowie gleich lautender europäischer Marken.
Die Beklagte betreibt unter www.h...de eine Firmensuchmaschine. In dieser stellt die Beklagte Daten über Firmen zusammen. Die Daten stammen aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen. Firmen können auch selbst ihre Eintragung veranlassen.
In der Firmensuchmaschine der Beklagten waren auch Angaben zur Klägerin zu 2) und zur ...-C...-Rechtsschutzversicherung AG enthalten. Auf den entsprechenden Internetseiten erschienen jeweils an der rechten Seite Werbeanzeigen für Dritte, so genannte Google-Anzeigen.
Diese Anzeigen werden durch das Google-AdSense-Programm eingeblendet. Dies geschieht in der Weise, dass der Betreiber einer Internetseite diese bei Google.-AdSense anmeldet. Sodann durchsucht AdSense den Inhalt dieser Seite und stellt Anzeigen bereit, die zur Zielgruppe und zum Inhalt der Seite passen. Der Betreiber der Seite hat keinen Einfluss darauf, welche Anzeigen erscheinen. Für jeden Klick auf einer Anzeige erhält der Betreiber der Seite ein Entgelt von Google.
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Auf diese Weise erschienen auf der die Klägerin zu 2) betreffenden Seite zwei Anzeigen, die Versicherungsvergleiche bewarben, eine Anzeige der A...-Versicherungen, eine Anzeige für eine Autoversicherung und eine Anzeige für Haftpflichtversicherungen bei der Klägerin zu 2) selbst. Ähnliche Anzeigen erschienen auf der die ...-C...-Rechtsschutzversicherung AG betreffenden Seiten.
Die Klägerinnen, die sich durch die Gestaltung der Internetseiten in ihren Kennzeichenrechten verletzt sahen, mahnten die Beklagte mit anwaltlichen Schreiben, jeweils unter Mitwirkung eines Patentanwaltes, am 05.04.2007 und am 08.05.2007 ab. Die Beklagte gab am 20.04.2007 bzw. am 15.05.2007 Unterlassungserklärungen ab.
Die Klägerinnen tragen vor: Die Beklagte nutze die Marken und ihre geschäftlichen Kennzeichen kennzeichenmäßig, denn sie dienten ausschließlich dem Zweck, Besucher anzulocken, um mit deren Klicks auf die Google-Anzeigen Geld zu verdienen. Das eigene Angebot der Beklagten bestehe darin, eine Auswahl von Versicherern und Versicherungsvergleichsportalen zu offerieren. Diese Dienstleistung werde mit ihren, der Klägerinnen, Kennzeichen bezeichnet.
Nach einem Gegenstandswert von 33.000,00 Euro seien pro Abmahnung Kosten in Höhe von 2.615,62 Euro entstanden. Hinsichtlich der Berechnung wird auf Seite 10 der Klageschrift verwiesen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 2.615,62 Euro sowie an die Klägerin zu 2) weitere 2.615,62 Euro nebst jeweiliger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Sie benutze die Kennzeichen der Klägerinnen nicht, um darüber Google-Anzeigen zu lancieren, die auf Konkurrenzangebote verwiesen. Die Kennzeichen dienten ausschließlich zur Benennung der Klägerinnen selbst.
Die Klägerinnen nähmen selbst am Google-AdSense-Programm teil. Sie handelten deshalb rechtsmissbräuchlich, wenn sie ihr das Erscheinen von Google-Anzeigen auf ihrer Internetseite vorwürfen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerinnen haben keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Schadensersatz in Höhe der durch die Abmahnungen entstandenen Anwaltskosten, denn die Abmahnungen waren nicht berechtigt.
Den Klägerinnen standen keine Unterlassungsansprüche gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, 15 Abs. 2, Abs. 3 MarkenG zu. Die Beklagte nutzte die Kennzeichen der Klägerinnen nicht kennzeichenmäßig zur Bezeichnung ihrer eigenen Dienstleistung. Es lag lediglich eine Nennung der Kennzeichen der Klägerinnen vor.
Dienstleistung der Beklagten ist die Zurverfügungstellung eines Firmenverzeichnisses im Internet. Dies macht es zwingend notwendig, die Namen der darin aufgeführten Firmen zu nennen, mag es sich dabei auch um geschützte Kennzeichen im Sinne von §§ 4, 5 MarkenG handeln. In der Nennung der Namen liegt für jedermann erkennbar eine Benennung der Klägerinnen selbst.
Ihre eigene Dienstleistung beschreibt die Beklagte damit nicht. Die Google-Anzeigen sind keine Dienstleistung der Beklagten, auch wenn die Beklagte mit jedem Klick auf eine Anzeige Geld verdient. Die Anzeigen sind deutlich als von Google stammend gekennzeichnet. Der Internetnutzer weiß, dass die Anzeigen nicht vom Betreiber der Seite verantwortet werden, sondern eben von G.. . Die Beklagte hat auch keinen Einfluss darauf, welche Anzeigen auf ihrer Seite generiert werden. Dass es sich dabei um Anzeigen aus dem Versicherungsbereich handelt, liegt im Wesen des Google-AdSense-Programms begründet. Damit betätigt sich die Beklagte aber nicht selbst im Bereich von Versicherungen und Versicherungsvergleichsportalen.
Den Klägerinnen stand auch deshalb kein Unterlassungsanspruch zu, weil sie sich treuwidrig verhalten. Sie selber nutzen das Google-AdSense-Programm, wie das Erscheinen einer Anzeige der Klägerin zu 2) auf der entsprechenden Seite im Firmenverzeichnis der Beklagten zeigt. Das führt dazu, dass Anzeigen der Klägerinnen auch auf Internetseiten der Beklagten erscheinen, die Wettbewerber der Klägerinnen betreffen, wie sich das Gericht überzeugt hat. Es widerspricht Treu und Glauben, selbst Anzeigen auf Internetseiten von Wettbewerbern platzieren zu lassen, sich gegen gleiche Anzeigen auf der eigenen Seite bzw. auf Seiten Dritter, die auf einen verweisen, zur Wehr zu setzen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.