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Landgericht Köln Urteil vom 07.01.2010 - 8 O 120/09 - Zur Wahrung der vereinbarten Schriftform durch E-Mail
LG Köln v. 07.01.2010: Zur Wahrung der vereinbarten Schriftform durch E-Mail
Das Landgericht Köln (Urteil vom 07.01.2010 - 8 O 120/09) hat entschieden:
Eine E-Mail genügt dem Schriftformerfordernis auch nicht aufgrund der Bestimmung des § 127 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Die Vorschrift ist jedoch dahingehend auszulegen, dass nur die Übermittlung auf telekommunikativem Wege erfolgen darf, die Erklärung selbst aber weiter der Schriftform bedarf. Demzufolge könnte per E-Mail nur eine eingescannte eigenhändig unterschriebene Erklärung übermittelt werden, die E-Mail selbst würde nicht der Form genügen.
Zum Sachverhalt:
Die Parteien hatten in einem Kaufvertrag vereinbart:
"Alle Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das Schriftformerfordernis kann seinerseits nur schriftlich abbedungen werden."
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Nach Auffassung der Beklagten ist es anhand einer gegenseitigen Übersendung von E-Mails hier zu einer solchen Vereinbarung gekommen. Dieser Ansicht ist das Gericht jedoch nicht. Eine solche von den grundsätzlichen Vorstellungen des MBO-Vertrages abweichende Vereinbarung konnte hier nicht durch die Übersendung von E-Mails zustande kommen. Denn der MBO-Vertrag sieht in § 11 Nr. 1 ein so genanntes doppeltes Schriftformerfordernis vor, nach dem auch Aufhebungen der Schriftform wiederum der Schriftform bedürfen sollten. Die hier versendeten E-Mails genügten der Schriftform des § 126 BGB nicht. Da auch die Abänderung der Schriftform wiederum der Schriftform bedürfen sollte, konnte das Schriftformerfordernis auch nicht konkludent abbedungen werden. Die Privatautonomie tritt in derartigen Fällen zurück. Dies zeigt schon § 125 S. 2 BGB, der ansonsten weitgehend sinnlos wäre (BAG Urt. v. 24.06.2003, Az.: 9 AZR 302/02, Rn. 35 ff bei Juris).
Die E-Mails genügten dem Schriftformerfordernis entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aufgrund der Bestimmung des § 127 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Die Beklagte trägt insoweit vor, dass eine E-Mail eine Form der telekommunikativen Übermittlung darstelle und daher hier auch die vereinbarte Form wahren konnte. Die Beklagte verweist insoweit auf den Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 14/4987, S. 20 re.Sp.). Das AG Wedding legt die Vorschrift jedoch dahingehend aus, dass nur die Übermittlung auf telekommunikativem Wege erfolgen dürfe, die Erklärung selbst aber weiter der Schriftform bedürfe (AG Wedding, Urt. v. 26.02.2009, Rn. 20 f bei Juris). Demzufolge könnte per E-Mail nur eine eingescannte eigenhändig unterschriebene Erklärung übermittelt werden, die E-Mail selbst würde nicht der Form genügen. Das Gericht folgt dieser Auffassung. Denn wie das AG Wedding aufzeigt, spricht für diese Auslegung nicht nur der Wortlaut der Vorschrift, sondern auch der Wille des Gesetzgebers. Die Gesetzesbegründung zeigt, dass die "telekommunikative Übermittlung" hier die "telegraphische Übermittlung" ersetzen sollte um den modernen Übermittlungsmöglichkeiten insbesondere von Computerfaxen und E-Mails gerecht zu werden (BT-Drucks. 14/4987 S. 20 re.Sp.). Gleichzeitig soll eine rein mündliche Übermittlung nicht ausreichen. Dadurch wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber primär um die Übermittlungsform, nicht aber um einen Verzicht auf die grundsätzlich erforderliche Schriftform ging. In der Literatur wird zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass es systematisch nicht passt, wenn die gewillkürte Form nicht der entsprechenden gesetzlichen Form (Schriftform) entspricht, sondern im Zweifel einer anderen gesetzlichen Form (nämlich der Textform) (Staudinger-Hertel, BGB, Neubearbeitung 2004, § 127 Rn. 34).
Ein Verzicht auf die Schriftform zu Gunsten der Textform würde nach Auffassung des Gerichts vorliegend auch nicht dem objektiv zum Ausdruck gebrachten Parteiwillen entsprechen. In der Literatur ist auch bereits angezweifelt worden, dass eine Übermittlung in Textform im Zweifel der gewillkürten Schriftform entspricht (Staudinger-Hertel, a.a.O., Rn. 34 ff). Das Gericht geht daher im Wege einer Hilfsbegründung davon aus, dass auch soweit die Textform nach § 127 Abs. 2 BGB grundsätzlich ausreichend wäre, jedenfalls bei Vereinbarung eines doppelten Schriftformerfordernisses die Parteien grundsätzlich zum Ausdruck bringen, dass die gewillkürte Schriftform nicht mit der Textform gleichgestellt werden kann. Denn durch die doppelte Schriftform unterstreichen die Parteien insbesondere die Warnfunktion der Schriftform. Einer hohen Warnfunktion kann die Textform auch aus Sicht des Gesetzgebers nicht gerecht werden (Bt-Drucks. 14/4987 S. 19 re. Sp.). Dies verdeutlicht auch der vorliegende Fall. Die zu einer vermeintlichen Vereinbarung stammende E-Mail der Klägerin vom 01.04.2008 wurde gar nicht durch den verhandlungsführenden Geschäftsführer der Klägerin verfasst und versendet, sondern vielmehr durch eine Mitarbeiterin im Auftrag. Im Geschäftsverkehr ist es auch nicht unüblich, dass E-Mails durch die Sekretariate im Auftrag verschickt werden. Dass hierdurch nach dem Willen der Parteien eine Schriftform mit entsprechender Warnfunktion gewährt werden soll, erscheint fernliegend. ..."