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Landgericht Düsseldorf Urteil vom 20.09.2011 - 38 O 58/09 - Zu den Voraussetzungen der Werbung mit durchgestrichenen Preisen
LG Düsseldorf v. 20.09.2011: Zu den Voraussetzungen der Werbung mit durchgestrichenen Preisen
Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 20.09.2011 - 38 O 58/09) hat entschieden:
Die Bezugnahme auf einen anderen Preis muss stets klar und bestimmt sein. Insbesondere muss deutlich sein, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt. Ein entscheidender Hinweis darauf, dass es sich um einen vom Verkäufer früher verlangten Preis handelt, lässt sich dem nicht ohne weiteres entnehmen. Die Preisgegenüberstellung ohne klare Hinweise darauf, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Preis um einen früher verlangten Preis handelt, ist daher als zur Irreführung geeignete Angabe über Preisvorteile anzusehen.
Siehe auch Werbung mit durchgestrichenen Preisen und Stichwörter zum Thema Preisangaben im Onlinehandel
Tatbestand:
Die Parteien vertreiben gewerblich Schuhe an Endverbraucher über das Internet.
Der Antragsgegner hat Markenschuhe mit Preisangaben beworben, bei denen es beispielsweise heißt: Statt 99,95 € nur 89,95 €, wobei die Angabe statt 99,95 € durchgestrichen ist. Wegen der Einzelheiten der Darstellung wird auf die Anlagen H 1 bis H 5 zur Antragsschrift verwiesen.
Der Antragsteller hält die Werbung für irreführend, weil nicht erkennbar sei, um welche Preise es sich bei den mit statt gekennzeichneten Preisen handele. In Betracht komme neben einem früher erlangten Preis jedenfalls bei Markenartikeln u.a. auch eine Herstellerempfehlung oder der Preis von Mitbewerbern.
Auf Antrag des Antragstellers hat die Kammer durch Beschluss vom 15. Juni 2009 dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt,
zu Wettbewerbszwecken über die Domain "A" Markenschuhe zum Erwerb anzubieten und dabei unter der Angabe von Preisen mit der Gegenüberstellung höherer durchgestrichener "Statt"- Preise zu werben, ohne klarzustellen, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen "Statt"-Preis handelt,
wie geschehen im Zusammenhang mit der nachfolgend dargestellten Werbung auf der Website unter der Domain "A" gemäß Anlage H 1 und Anlage H 2 zur Antragsschrift.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner Widerspruch eingelegt.
Er ist der Auffassung, ausgehend von dem heutigen Verbraucherleitbild sei für jeden Verbraucher angesichts der durchgestrichenen Preisangabe klar, dass es um den früher vom Antragsgegner verlangten Preis handele, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss vom 15. Juni 2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss vom 15. Juni 2009 aufrechtzuerhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Beschluss vom 15. Juni 2009 ist aufrechtzuerhalten. Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Unterlassung der im Beschlusstenor beschriebenen Verhaltensweise gemäß den §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG.
Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Der Antragsgegner hat geschäftlich unlautere Handlungen vorgenommen, die geeignet sind, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen, § 3 Abs. 1 UWG.
Die Preisangaben der Internetwerbung sind als irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG anzusehen.
Der Antragsgegner nimmt Bezug auf jeweils einen anderen Preis, der durchgestrichen und mit dem "statt" gekennzeichnet wurde. Die Bezugnahme auf einen anderen Preis muss stets klar und bestimmt sein. Insbesondere muss deutlich sein, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm Randnummer 7.87 zu § 5 UWG mit Rechtsprechungsnachweisen).
Solche Angaben fehlen hier. Gerade auch ein durchschnittlich aufmerksamer und informierter Verbraucher wird vor dem Hintergrund teilweise ganz erheblicher Differenzen zwischen den Preisen überlegen müssen, welchen Hintergrund solche Preisunterschiede haben. Bei Markenartikeln legen zumeist schon die Hersteller erheblichen Wert auf eine einheitliche Preisgestaltung. Der Verbraucher weiß, dass Hersteller Preisempfehlungen aussprechen. Zudem kann sich ein üblicher Marktpreis gebildet haben oder eine Einführungsaktion mit Sonderpreisen stattfinden. Der Umstand, dass die mit "statt" gekennzeichnete Preisangabe durchgestrichen ist, hat auf die Frage der Bezugnahme keinen Einfluss. Ein durchgestrichener Preis soll verdeutlichen, dass dieser Preis nicht verlangt wird. Ein entscheidender Hinweis darauf, dass es sich um einen vom Verkäufer früher verlangten Preis handelt, lässt sich dem nicht ohne weiteres entnehmen. Eine in dieser Hinsicht entscheidende Änderung der Auffassung in der Rechtsprechung lässt sich nicht feststellen. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof noch im Jahr 2005 ausdrücklich auf die Eignung zur Irreführung bei sogenannten Stattpreisen verwiesen (BGH GRUR 2005, 692 ff. - 694 -). Der Hinweis auf eine geänderte Sachlage (Hefermehl/Köhler/Bornkamm Randnummer 7.132 zu § 5 UWG) mag für den Umgang mit empfohlenen Herstellerpreisen gelten. Vorliegend sind jedoch weitere Möglichkeiten der Preisgestaltung nicht von vornherein auszuschließen. Die konkrete Darstellung der Preisgegenüberstellung ohne klare Hinweise darauf, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Preis um einen früher verlangten Preis handelt, ist daher als zur Irreführung geeignete Angabe über Preisvorteile anzusehen.
Die zum Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet.
Der Beschluss vom 15. Juni 2009 ist daher insgesamt aufrecht zu erhalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.