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OLG Schleswig Beschluss vom 01.07.2008 - 6 U 14/08 - Zur irreführenden Werbung mit schlankmachender Wirkung bei Nahrungssupplementen
OLG Schleswig v. 01.07.2008: Zur irreführenden Werbung mit schlankmachender Wirkung bei Nahrungssupplementen und zum Verbot krankheitsbezogener Werbung
Das OLG Schleswig (Beschluss vom 01.07.2008 - 6 U 14/08) hat entschieden:
- Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist es verboten, in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Aussagen zu tätigen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen.
- Bei dem Präparat "Selen + Zink forte" handelt es sich um ein diätetisches Lebensmittel, eine sog. ergänzende bilanzierte Diät. Die Diätverordnung (DiätV) in der Fassung vom 28. April 2005 (BGBl I 1161) regelt in § 3 Abs. 1, dass das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB abweichend von § 12 Abs. 2 S. 2 LFGB auch für diätetische Lebensmittel gilt und Ausnahmen nur für bestimmte Behandlungen (vgl. § 3 Abs. 2 DiätV) zugelassen sind. Erkrankungen, wie Grippe und Erkältung, werden in dieser Vorschrift nicht genannt. Werbeaussagen sind krankheitsbezogen im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, wenn mit ihnen der Eindruck erweckt wird, dass das beworbene Produkt vorbeugende Wirkung gegen Erkältungskrankheiten hat (Selen + Zink forte).
- Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB liegt u.a. dann eine unzulässige Irreführung vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass im Interesse der Allgemeinheit Angaben über gesundheitliche und ernährungsphysiologische Wirkungen nur dann zuzulassen sind, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Der Werbende, der gesundheitsbezogene Aussagen verwendet und damit den Eindruck einer gesicherten Fachaussage vermittelt, hat die wissenschaftliche Absicherung seiner Werbeangaben zu beweisen.
- Nach § 6 Abs. 1 S. 1 NKV ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen zu verwenden, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt.
- Gegen das Verbot von Werbung mit schlankmachender Wirkung verstößt der Werbende, wenn er durch bildliche Darstellung und Überschriftengestaltung plakativ herausstellt: "Wunschfigur auch nach dem Urlaub!" - "Mit C.L.A. + Grüner Tee können Sie die Fettverbrennung steigern" - "…bei regelmäßiger körperlicher Betätigung C.L.A. das Körperfett deutlich reduziert" - "beugt dem JoJo-Effekt vor" (C.L.A. + Grüner Tee).
- Eine nationale Regelung, die Bezugnahmen auf das Schlankwerden absolut – also auch ohne Irreführung – verbietet, verstößt gegen die Artikel 28, 30 EG und Artikel 18 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/13/EG. Verboten ist eine derartige Bezugnahme nur, wenn sie gleichzeitig irreführend ist. Irreführend ist eine deratige Bezugnahme insbesondere dann, wenn die versprochenen Wirkungen nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert und bewiesen sind.
Siehe auch Schlankheitsmittel - Schlankheitswerbung und Die Health-Claims-Verordnung - Bewerbung von Lebensmitteln, insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln, mit gesundheitsbezogenen Angaben
Gründe:
Der Senat beabsichtigt, die am 05. März 2008 eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Flensburg vom 29. Februar 2008 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor, insbesondere hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
(I) Der Kläger ist eine rechtsfähige Vereinigung, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Das ist gerichtsbekannt und zudem durch die Vielzahl der vom Kläger aufgeführten BGH-Entscheidungen belegt, in denen – wie auch die Beklagte nicht in Abrede nimmt – die Klagebefugnis des Klägers geprüft und bejaht worden ist.
Der Kläger ist nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande, seine satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen wahrzunehmen (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG). Hierfür spricht eine tatsächliche Vermutung. Der Kläger ist seit vielen Jahren im Bereich der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs tätig und hat bis in die Revisionsinstanz zahlreiche Wettbewerbsprozesse geführt. Mit Rücksicht auf seine langjährige, unbeanstandete Tätigkeit sowie seine Aufnahme in die Liste der Unterlassungsklageverordnung steht seine Aktivlegitimation nicht in Zweifel, insbesondere bestehen keine Bedenken in Bezug auf die finanzielle Ausstattung. Den vorgelegten Bilanzen kann Gegenteiliges nicht entnommen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der ausgewiesene Prozesskostenfond so bemessen ist, dass die Erstattungsansprüche obsiegender Gegner bei Fälligkeit in vollem Umfang gedeckt werden können.
(II) Das Verbotsbegehren ist auch in der Sache begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit einem Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (1), § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB (2) bzw. § 6 Abs. 1 NKV (3) zu.
(1) "Selen + Zink forte"
Die Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten Werbeanzeige folgt nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Irreführung (§§ 3, 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG), wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, vielmehr verstößt die Beklagte auch gegen §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, weil sie mit der Verwendung der in der Anzeige enthaltenen krankheitsbezogenen Äußerungen zum Zwecke des Vertriebs des Produkts "Selen + Zink forte" unlauter gehandelt hat.
Unlauter im Sinne des § 3 UWG handelt nach § 4 Nr. 11 UWG insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche wettbewerbsbezogene Vorschrift ist § 12 Abs. 1 LFGB (vgl. BGH GRUR 2004, 1037, 1038; OLG Hamm, OLGR 2006, 52).
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist es verboten, in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Aussagen zu tätigen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen.
Bei dem von der Beklagten beworbenen Präparat "Selen + Zink forte" handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien um ein diätetisches Lebensmittel, eine sog. ergänzende bilanzierte Diät. Zwar gilt gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 LFGB das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB nicht bei diätetischen Lebensmitteln, dies allerdings nur insoweit, als nicht durch eine Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist. Die Diätverordnung (DiätV) in der Fassung vom 28. April 2005 (BGBl I 1161) regelt in § 3 Abs. 1, dass das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB abweichend von § 12 Abs. 2 S. 2 LFGB auch für diätetische Lebensmittel gilt und Ausnahmen nur für bestimmte Behandlungen (vgl. § 3 Abs. 2 DiätV) zugelassen sind. Erkrankungen, wie Grippe und Erkältung, werden in dieser Vorschrift nicht genannt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Werbeaussagen auch krankheitsbezogen im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, denn mit ihnen wird der Eindruck erweckt, dass das beworbene Produkt vorbeugende Wirkung gegen Erkältungskrankheiten hat. Derartige Werbung ist unzulässig, denn § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verbietet nicht nur die Werbung mit Angaben, die sich direkt auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten durch das beworbene Produkt beziehen, sondern auch solche, die auch nur den Eindruck von Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung und Heilung erwecken. Dabei ist nicht jede Äußerung isoliert zu betrachten; vielmehr müssen diese im Gesamtkontext der Werbung gesehen werden, in der plakativ am Anfang mit der Aussage "Lieber Selen + Zink forte als Erkältung + Bettruhe" geworben wird. Unter "Erkältung und Bettruhe" versteht der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher nicht nur eine leichte Erkältung/einen Schnupfen, sondern eine zumindest mittelschwere Erkältungserkrankung (Grippe), da nur eine solche mit "Bettruhe" einhergeht. Die Beklagte bewirbt ihr Produkt damit, dass dieses geeignet sei, vor eine solchen Erkrankung zu schützen; der Verbraucher könne durch die Einnahme von "Selen + Zink forte" gegen das Auftreten derartiger Erkrankungen vorbeugen. Damit unterstellt die Beklagte, dass ihr Präparat Schutz vor schwereren Erkältungskrankheiten gewährt.
Die Feststellung, dass ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises mit den hier in Rede stehenden Werbeaussagen die zuvor beschriebene Vorstellung verbindet, kann der Senat aufgrund eigener Sachkunde treffen. Mit ihrer Werbung wendet sich die Beklagte an das allgemeine Publikum, das als Erwerber solcher Produkte in Betracht kommt. Auch die Mitglieder des Senats gehören zu diesem Verkehrskreis und sind daher in der Lage, nach ihrer Lebenserfahrung und Sachkunde darüber zu befinden, wie ein Adressat die Angaben der Beklagten über das von ihr angebotene Präparat "Selen + Zink forte" versteht.
Es kann folglich dahinstehen, ob die Beklagte bewiesen hat, dass ihrem Produkt nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand die beworbenen Wirkungen tatsächlich auch zukommen. Allerdings weist der Senat an dieser Stelle darauf hin, dass der Wirksamkeitsnachweis vom Hersteller bzw. dem Vertreiber der bilanzierten Diät zu erbringen ist, ohne dass der Kläger zuvor substantiiert darzulegen hätte, dass der Wirksamkeitsbehauptung eine wissenschaftliche Grundlage fehlt (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 12. Januar 2006 – 6 U 241/04). Diese Beweislastverteilung folgt aus der nach der Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25. März 1999 gebotenen Auslegung des § 14 b Abs. 1 S. 2 DiätV. Diese Richtlinie bestimmt in Art. 3, dass die Wirksamkeit einer bilanzierten Diät durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist (vgl. OLG München GRUR-RR 2006, 139). Damit gelten für den hier zu führenden Wirksamkeitsnachweis im Ergebnis die gleichen Anforderungen, die auch sonst zu erfüllen sind, wenn die wissenschaftliche Absicherung einer umstrittenen Wirkungsbehauptung zu beweisen ist. Grundsätzlich erfordert ein wissenschaftlich fundierter Wirksamkeitsnachweis die Vorlage einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen wurde (ständige Rechtsprechung vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Köln, Urteil vom 17. Februar 2006 – 6 U 138/05). Diesen Anforderungen genügen die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht, insbesondere fehlt es an dem Nachweis einer entsprechenden Studie für das streitgegenständliche Präparat. Der Nachweis der wissenschaftlichen Wirksamkeit muss für die gesamte Beschaffenheit des Produkts, also nicht nur für einzelne Bestandteile geführt werden, sondern auch etwaige Wechselwirkungen der einzelnen Bestandteile umfassen.
(2) "Q 10 Bio-Qinon Gold"
Zutreffend hat das Landgericht die Wettbewerbswidrigkeit der Anzeige unter dem Gesichtspunkt der Irreführung bejaht. Die angegriffenen Werbeaussagen verstoßen gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB liegt u.a. dann eine unzulässige Irreführung vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass im Interesse der Allgemeinheit Angaben über gesundheitliche und ernährungsphysiologische Wirkungen nur dann zuzulassen sind, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen (vgl. BGH GRUR 1971, 153, 155). Der Werbende, der - wie hier die Beklagte - gesundheitsbezogene Aussagen verwendet und damit den Eindruck einer gesicherten Fachaussage vermittelt, hat die wissenschaftliche Absicherung seiner Werbeangaben zu beweisen. Diesen Beweis hat die Beklagte nicht zu führen vermocht.
Zunächst ist festzustellen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die beanstandeten Werbeaussagen, die wiederum im Gesamtkontext der Werbung mit der deutlich hervorgehobenen Überschrift "Der goldene Kraftstoff des Lebens" und der bildlichen Darstellung (rotes Herz mit Tankanzeige leer/voll) gesehen werden müssen, so auffassen, dass es sinnvoll erscheint, dem Körper diesen Stoff zuzuführen. Gerade der Hinweis auf das lebenswichtige Organ Herz und die Formulierung "Kraftstoff des Lebens", suggeriert, dass es sich um einen (angeblich) notwendigen Stoff handelt, der dem Körper im Hinblick auf mehr Energie und Lebenskraft, insbesondere auch zum Schutz der Zellen und des Gewebes, zur Verfügung gestellt werden sollte. Wie aber dem Senat bereits aus dem Verfahren 6 O 65/00 bekannt ist, kommen dem Stoff Coenzym Q 10 - jedenfalls nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand - diese von der Beklagten ausgelobten Wirkungen nicht zu. Das Coenzym Q 10 wird vom menschlichen Körper selbst synthetisiert bzw. mit der Nahrung aufgenommen. Bislang gibt es weder Beweise für die Nützlichkeit einer Zufuhr dieses Coenzyms bei gesunden Menschen noch überhaupt irgendwelche Empfehlungen für die Aufnahme in isolierter Form, die eine Nahrungsergänzung begründen könnten. Auf das den Parteien bekannte Gutachten des Bundesinstitutes für Risikobewertung vom 02. September 2004 wird Bezug genommen. Dieses Ergebnis deckt sich mit Erkenntnissen aus anderen Gerichtsverfahren, die auch hinsichtlich des Coenzyms Q 10 in verschiedenen Entscheidungen niedergelegt sind (z.B. OLG München, Urteil vom 22. März 2006 - HK O 1930/06; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Juni 1998 – 6 W 70/98; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Februar 2002 – 20 U 93/01).
Der Einwand der Beklagten, ein Nahrungsergänzungsmittel müsse keinen gesundheitlichen Nutzen, sondern nur eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung haben, ist grundsätzlich zutreffend. Allerdings beschränkt sich die Beklagte mit ihrer Werbeanzeige nicht darauf, ihr Präparat "Q 10 Bio-Quinon Gold" als reines Nahrungsergänzungsmittel ohne jeglichen gesundheitlichen Nutzen anzubieten.
Dem Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht nachzukommen. Es wäre Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gewesen, den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion – aus ihrer Sicht – vollständig darzustellen. Nur dann hätte der Senat erkennen können, ob - unter Zugrundelegung ihres Vortrages – von einer hinreichend wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB über die behaupteten Wirkungen ausgegangen werden kann. Die Beklagte beschränkt sich jedoch auf den Hinweis, dass die Ausführungen von Prof. Rosenthal (Anlage K 12) aus dem Jahre 1997 und die von Prof. L. aus dem Jahr 1995 stammen und räumt ein, dass von einem aktuellen Stand der Wissenschaft in keinem Fall ausgegangen werden könne.
Der Hinweis der Beklagten auf die ab dem 1. Juli 2007 geltende Health-Claims Verordnung verfängt nicht und reicht zur Beweisführung ebenfalls nicht aus. Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben unterliegen nunmehr zwar detaillierten Anforderungen, die allerdings erst zum Teil abschließend geregelt sind und ganz überwiegend erst noch von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegt werden müssen. Dies gilt insbesondere für die bis zum 31. Januar 2010 von der EU-Kommission zu erstellende Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben, die mit Hilfe der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und unter der Einbeziehung der nationalen Listen zu erstellen ist. Es bleibt abzuwarten, wie diese Gemeinschaftsliste letztlich inhaltlich ausgestaltet sein wird.
Dessen ungeachtet vermag der Senat in der von der Beklagten auszugsweise vorgelegten Liste (Anlage B 14) auch keinen Beweis in Bezug auf die Richtigkeit der hier streitgegenständlichen Werbeaussagen zu sehen. Zum einen ist nicht erkennbar, wer Urheber dieser Liste ist; jedenfalls dürfte es sich hierbei nicht um eine von der Europäischen Kommission erstellte Liste handeln, da sich diese nicht im Anhang zur Verordnung findet. Zum anderen geht aus dieser Liste aber auch nicht hervor, dass es sich bei dem Coenzym Q 10 um einen notwendigen Stoff handelt, der, wie die Beklagte mit ihrer Anzeige suggeriert, dem Körper im Hinblick auf mehr Energie und Lebenskraft, insbesondere auch zum Schutz der Zellen und des Gewebes, zur Verfügung gestellt werden sollte.
(3) " C.L.A.+T"
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist sowohl aus § 6 Abs. 1 Nährwertkennzeichnungsverordnung (NKV), §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 UWG als auch aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB, §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 UWG begründet.
(a) Nach § 6 Abs. 1 S. 1 NKV ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen zu verwenden, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt.
Gegen dieses Verbot verstößt die Beklagte mit der hier streitgegenständlichen Werbeanzeige. Bereits die bildliche Darstellung als auch die plakativ hervorgehobene Überschrift "Wunschfigur auch nach dem Urlaub!" lassen hieran keinen ernsthaften Zweifel, was im übrigen auch für den Text selbst gilt, in dem sich unter anderem folgende Formulierungen finden: "Mit C.L.A. + Grüner Tee können Sie die Fettverbrennung steigern", "…bei regelmäßiger körperlicher Betätigung C.L.A. das Körperfett deutlich reduziert" und "beugt dem JoJo-Effekt vor".
Die Ausnahme des § 6 Abs. 1 S. 2 NKV, wonach Satz 1 nicht für Lebensmittel im Sinne des § 14 a DiätV gilt, die zur Verwendung als Tagesration bestimmt sind, ist vorliegend nicht gegeben. § 14 a DiätV betrifft Tagesrationen und Mahlzeiten für Übergewichtige und setzt eine bestimmte stoffliche Zusammensetzung voraus. Dass diese Voraussetzung in Bezug auf das von der Beklagten angebotene Präparat erfüllt sein könnte, kann auf Grundlage des Anzeigeninhalts nicht angenommen werden.
Stellt man auf den Wortlaut des § 6 Abs. 1 S. 1 NKV ab, so gilt das Verbot mangels einer ausdrücklichen Beschränkung an sich unabhängig davon, ob die Angabe irreführend ist oder nicht; die Vorschrift erfasst insoweit auch wahrheitsgemäße Angaben. Damit wäre die Norm – soweit sie, wie hier, ohne Krankheitsbezug angewendet wird – mit der EuGH-Entscheidung EuZW 2004, 667 allerdings nicht vereinbar. Wie der EuGH entschieden hat, verstößt eine nationale Regelung, die Bezugnahmen auf das Schlankwerden absolut – also auch ohne Irreführung – verbietet, gegen die Artikel 28, 30 EG und Artikel 18 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/13/EG. Die danach zusätzlich erforderliche Irreführung ist vorliegend zu bejahen, weil die von der Beklagten ausgelobten Wirkungen des Präparats "C.L.A. + T" nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert sind. Auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen.
Soweit die Beklagte Bezug nimmt auf den Artikel von Hahn in der Zeitschrift Ernährung und Medizin 2004, S. 121-128, lassen die dortigen Ausführungen eine Beantwortung der Beweisfrage im Sinne der Beklagten nicht zu. Gerade die Schlussbemerkung unter der Überschrift "CLA – Datenlage und Beurteilung" zeigt, dass hinsichtlich der Wirkungen von CLA von einer sicheren Erkenntnis nicht ausgegangen werden kann. Hahn spricht lediglich von möglichen günstigen Effekten von CLA auf die Körperzusammensetzung, insbesondere in Verbindung mit sportlicher Betätigung. Allerdings müssten nach seiner Auffassung zunächst Langzeitstudien abgewartet werden, bevor eine endgültige Bewertung möglich sei. Zu einem entsprechenden Schluss gelangt Wagner in seiner Übersichtsstudie "Biologische Wirksamkeit von konjugierten Linolsäuren" ebenfalls in der Zeitschrift Ernährung und Medizin 2004, Seite 11 f unter der Überschrift "Zusammenfassung". Derartige Langzeitstudien hat die Beklagte weder vorgelegt noch deren Existenz behauptet.
Der Hinweis der Beklagten auf die Anlage B 27 verfängt nicht. Zutreffend weist der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 184 GVG hin. Die Beklagte wäre gehalten gewesen, Übersetzungen der von ihr in Bezug genommenen Anlage einzureichen, dies insbesondere, nachdem das Landgericht der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2007 hierzu ausdrücklich Gelegenheit gegeben hat. Die Vorlage einer Übersetzung wäre deshalb erforderlich gewesen, weil es sich bei der Anlage B 27 um einen umfänglichen fachwissenschaftlichen Beitrag in englischer Sprache handelt, deren Inhalt von nicht im medizinisch wissenschaftlichen Bereich Tätigen mit nur allgemein fremdsprachlichen Kenntnissen nicht hinreichend sicher erfasst und bewertet werden kann.
(b) Der Unterlassungsanspruch ist angesichts der zu bejahenden Irreführung zudem aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB, §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 UWG begründet, da die Beklagte dem Produkt C.L.A. + T - wie bereits ausgeführt - Wirkungen beilegt, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, ZLR 2007, 757 ff) steht dem nicht entgegen. Sie betrifft einen anderen, von dem vorliegenden abweichenden Sachverhalt. Dort ging es um die Frage der Einordnung eines Produkts als Arzneimittel. Das Bundesverwaltungsgericht hat unter anderem ausgeführt, dass ein Produkt nicht "auf Verdacht" den Arzneimitteln zugerechnet werden könne. Es müsse eine ausreichende Sicherheit dafür bestehen, dass Produkte, die angeblich eine Wirkung als Arzneimittel hätten, diese Wirkung auch tatsächlich aufwiesen. Wie diese wissenschaftliche Untermauerung auszusehen hat, d.h. welche Qualitätsanforderungen an den Nachweis zu stellen sind, lässt sich der Entscheidung indes nicht entnehmen; allenfalls, dass bloße Vermutungen oder Spekulationen, denen kein auch nur halbwegs gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand zukommt, unzureichend sind. Vorliegend geht es weder um die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem Präparat C-L.A.+T um ein Arzneimittel handelt, noch bestreitet der Kläger die dem Präparat beigelegten Wirkungen "ins Blaue hinein". Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass hinsichtlich der beworbenen Wirkungen zumindest wissenschaftlicher Streit besteht. Dies ist ausreichend. Dem Kläger kommen nach dem Gebot der redlichen Prozessführung Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte mit einer Aussage werbend hervorgetreten ist, die an das Gesundheitsbewusstsein der von ihr angesprochenen Verkehrskreise appelliert und sich dabei Angaben bedient, die sie im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB nur machen darf, wenn eine gesicherte Fachaussage dahinter steht. Dem Werbenden muss eine Erläuterung der wissenschaftlichen Untermauerung auch ohne weiteres möglich sein, denn er darf seiner Werbung nur die sicher erwiesenen Wirkungen zugrunde legen und muss sich daher vor seiner Werbung hiervon überzeugt haben. Demgegenüber kann ein Kläger, der die in der Wissenschaft nicht oder nicht umfassend untersuchte Wirkung eines Lebensmittels bestreitet, nicht ohne weiteres die fehlende wissenschaftliche Untermauerung der behaupteten Wirkungsweise als negative Tatsache umfassend darlegen.
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Flensburg vom 29. Februar 2008 für beide Instanzen auf 60.333,20 Euro festzusetzen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten (ausgenommen einstweilige Verfügungsverfahren) ein Regelstreitwert von 20.000 Euro zugrunde zu legen. Der Umstand, dass es sich vorliegend um drei Werbeanzeigen für unterschiedliche Produkte handelt, gibt Anlass, hiervon nach oben abzuweichen. Eine Anhebung um 40.000 Euro erscheint sachgerecht und zugleich angemessen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.