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Landgericht Hamburg Beschluss vom 09.11.2009 - 312 O 971/09 - Zur Wettbewerbswidrigkeit von Klickbetrug durch systematisch kurzzeitig gezielte Klicks auf Google-Adwords-Anzeigen
LG Hamburg v. 09.11.2009: Zur Wettbewerbswidrigkeit von Klickbetrug durch systematisch kurzzeitig gezielte Klicks auf Google-Adwords-Anzeigen
Das Landgericht Hamburg (Beschluss vom 09.11.2009 - 312 O 971/09) hat entschieden:
Es stellt wettbewerbswidrigen Klickbetrug dar, wenn gezielt und systematisch auf Google-Adwords-Anzeigen eines Wettbewerbers mit extrem kurzer Verweildauer auf der Landingpage des Konkurrenten geklickt wird.
Einstweilige Verfügung
In Sachen
...
beschließt das Landgericht Hamburg ...
- Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird den Antragsgegnern bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) verboten,
die für das von der Antragstellerin betriebene Internetportal (...).de geschalteten Google AdWords Anzeigen systematisch zu klicken oder klicken zu lassen, nämlich wiederholt, wie in der Anlage EV 8a und 8b wiedergegeben, die Google AdWords Anzeigen für das Internetportal zu klicken und dabei jeweils nach dem Klick nur wenige Sekunden auf den Seiten des Internetportals (...).de zu verweilen.
- Die Kosten des Verfahrens fallen den Antragsgegnern wie Gesamtschuldnern nach einem Streitwert von EUR 40.000,00 zur Last.
Die Rechtsanwälte Hild & Kollegen schildern auf ihrer Homepage hierzu folgenden der einstweiligen Verfügung zu Grunde liegenden Sachverhalt:
"Unsere Mandantschaft bewirbt die von ihr über das Internet angebotenen Leistungen regelmäßig mittels sogenannter Google AdWords. Bei Google AdWords handelt es sich um ein kostenpflichtiges Anzeigenprogramm des Suchmaschinenbetreibers Google Inc., über welches Kunden für bestimmte Suchbegriffe (Keywords) zuvor geschaltete Textanzeigen ergänzend zu den natürlichen Suchtreffern auf den Ergebnisseiten der Suchmaschine anzeigen lassen können. Der Kunde bietet hierbei einen Maximalpreis, den er bereit ist für einen Klick zu bezahlen. Der Kunde gibt in diesem Zusammenhang ein Tagesbudget an, um hierdurch die Zahl der angezeigten Google AdWords zu bestimmen. Ist das Tagesbudget aufgebraucht, werden keine weiteren Google AdWords des Kunden mehr angezeigt.
Unsere Mandantschaft hatte nun festgestellt, dass die von ihr geschalteten Google AdWords Anzeigen immer wieder - teilweise mehrmals am Tag - über zwei bestimmte IP-Adressen geklickt worden waren.
Auffällig bei den protokollierten Klicks war, dass die sich nach dem Klick auf die AdWords Anzeige öffnende Webseite unserer Mandantschaft in den meisten Fällen unmittelbar wieder „weggeklickt“ worden war. Da sich mit Hilfe von Google AdWords Anzeigen Inhalte sehr gezielt bewerben lassen, verweilen Seitenbesucher, welche über Google AdWords Anzeigen kommen, regelmäßig längere Zeit auf der beworbenen Webseite. Bei den mit den betreffenden IP-Adressen über die Google AdWords Anzeigen kommenden Seitenbesuchern war dies aber gerade nicht der Fall. Insofern konnte von einem missbräuchlichen weil unnatürlichen Klickverhalten ausgegangen werden.
Durch die Klicks entstand unserer Mandantschaft insoweit ein unmittelbarer Schaden, als unsere Mandantschaft der Google Inc. jeden einzelnen Klick bezahlen musste, ohne dass tatsächlich potentielle Kunden auf die Webseite unserer Mandantschaft geführt worden wären. Zum anderen - was deutlich schwerer wiegt - führten die gehäuften Klicks dazu, dass in mehreren Fällen das Tagesbudget unserer Mandantschaft frühzeitig aufgebraucht wurde und dann überhaupt keine Google AdWords Anzeigen unserer Mandantschaft mehr angezeigt wurden. Entsprechend klickten Interessenten die Anzeigen der Konkurrenz und nahmen die kostenpflichtigen Leistungen der Konkurrenz in Anspruch. Unser Mandantschaft entging entsprechender Umsatz und Gewinn.
Mittels eines Netzwerk-Diagnose-Tools konnte der Weg von Datenpaketen im Internet nachvollzogen werden, so dass die auffälligen IP-Adressen eindeutig Servern einer unmittelbaren Mitbewerberin unserer Mandantschaft bzw. deren IT-Dienstleister zugeordnet werden konnten.
Nachdem die Urheber der Klicks ermittelt waren, erwies sich die rechtliche Würdigung des Sachverhalts als relativ unproblematisch. Wer systematisch die AdWords Anzeigen eines Mitbewerbers klickt, handelt wettbewerbswidrig gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG, da in derartigem Verhalten eine gezielte Schädigung des Mitbewerbers zu sehen ist. Wir haben deswegen nach vorausgegangener Abmahnung namens unserer Mandantschaft oben bezeichnete einstweilige Verfügung gegen die Mitbewerberin (eine GmbH), deren beiden Geschäftsführer sowie den externen IT-Dienstleister erwirkt. Der Beschluss ist deswegen außergewöhnlich und nach unser Kenntnis bundesweit der erste seiner Art, da es regelmäßig nicht gelingt, auffällige offensichtlich missbräuchliche Klicks einem Mitbewerber eindeutig zuzuordnen. Im vorliegenden Fall ist uns dies gelungen, so dass das LG Hamburg die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen konnte."