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OLG Braunschweig Urteil vom 24.11.2010 - 2 U 113/08 - Zur Markenrechtsverletzung bei Nutzung der Funktion weitgehend passende Keywords in Google Adwords

OLG Braunschweig v. 24.11.2010: Zur Markenrechtsverletzung bei Nutzung der Funktion weitgehend passende Keywords in Google Adwords


Das OLG Braunschweig (Urteil vom 24.11.2010 - 2 U 113/08) hat entschieden:
  1. Zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Markenrechtsverletzungen durch Adword-Anzeigen.

  2. Wer Adword-Anzeigen unter Wahl der Option "weitgehend passende Keywords" aufgibt, ist auch für Markenrechtsverletzungen verantwortlich, die dadurch erfolgen, dass über diese Funktion von Google ein eine fremde Marke enthaltendes Keyword zur Liste der Keywords hinzugefügt wird, bei dem die Anzeige erscheint. Das gilt jedenfalls dann, wenn das hinzugefügte Keyword bei Buchung der Anzeige auf der aufrufbaren Liste der hinzugefügten Keywords erscheint und abgewählt werden kann.



Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren (LG Braunschweig 9 O 310/07) wegen Verletzung von Markenrechten an der für die Warenklasse 30 eingetragenen deutschen Wort-/ Bildmarke „M...“ durch eine Adword-Anzeige bei Google in Anspruch. Die Klägerin hat eine ausschließliche Lizenz an der Streitmarke. Sie ist von der Markeninhaberin IP Ltd. ermächtigt worden, Markenverletzungen zu verfolgen (Anlage K1). Sie betreibt unter der Internet-Domain „www.m...-shop.com“ einen „M...-Shop“, über den sie hochwertige Konfiserie- und Schokoladenprodukte vertreibt.

Die Beklagte ist Betreiberin eines Online-Shops für Geschenke, Pralinen und Schokolade unter den Internetdomains „www.s....de“ und „www.f....-geschenke.de“. Die Beklagte schaltete im Januar 2007 bei der Suchmaschine Google eine Adword-Anzeige für ihren Internet-Shop unter Eingabe der Suchworte gemäß Anlage B4, insbesondere auch des Suchwortes „Pralinen“ mit der Option „weitgehend passende Keywords“. Bei Eingabe des Suchbegriffs „M...Pralinen“ (Eingabe mit Anführungszeichen) bei Google erschien am 19.1.2007 rechts neben den Suchergebnissen die Anzeige der Beklagten:
„ Pralinen
Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente
Genießen und schenken!

„www.f...-geschenke.de “
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K4 Bezug genommen. Über den in der Anzeige angegebenen Link „www.f...-geschenke.de“ gelangte der Suchmaschinennutzer auf die Homepage der Beklagten unter „www.s....de“. In dem Onlineshop der Beklagten wurden keine Produkte mit dem Zeichen „M...“ vertrieben noch enthält der Onlineshop der Beklagten Informationen zur Klägerin oder zu Produkten mit der Marke „M...“.

Anzeigen erscheinen bei Google auf Grund eines Auftrages im Rahmen der Adword-Funktion, bei dem der Kunde den Anzeigentext und Suchworte eingibt, bei deren Aufruf durch den Suchmaschinennutzer die Anzeige erscheinen soll. Zum Zeitpunkt der Aufgabe der Anzeige der Beklagten hatte der Anzeigenkunde mehrere Optionen für die Wahl der sogenannten Keywords, bei deren Eingabe durch den Suchmaschinennutzer die Anzeige erschien. Der Anzeigenkunde gab selbst Keywords ein und hatte dann die Möglichkeit, unter den Funktionen „weitgehend passende Keywords“, „passende Wortgruppen“ oder „genau passende Keywords“ zu wählen.

Traf er keine ausdrückliche andere Wahl, erschien die Anzeige entsprechend der Funktion „weitgehend passende Keywords“ bei den von dem Anzeigenkunden eingetragenen Suchworten sowie bei weiteren von Google ermittelten Keywords. Welche Keywords das zum Zeitpunkt der Buchung waren, konnte sich der Anzeigenkunde anzeigen lassen. Dabei bestand die Möglichkeit, das Erscheinen bei nicht gewünschten Keywords durch Anklicken in der angezeigten Liste oder durch Eingabe des nicht gewünschten Keywords als „ausschließendes Keyword“ auszuschließen. Durch die Wahl einer anderen Option konnte das Erscheinen der Anzeige auf die von dem Anzeigenkunden selbst gewählten Keywords beschränkt werden. Die Möglichkeiten wurden von Google erläutert (vgl. Anlage K6). Dabei wurde auf die Verantwortlichkeit des Anzeigenkunden für die Auswahl der Keywords sowie für etwaige Markenrechtsverletzungen durch Verwendung von Marken als Keywords hingewiesen (Anlage K9). Zum Zeitpunkt der Buchung der Anzeige der Beklagten erschien bei Wahl des Keywords „Pralinen“ in der Liste der bei Wahl der Funktion „weitgehend passende Keywords“ von Google für die Anzeigenplatzierung hinzugefügten und per Klick abwählbaren Keywords das Keyword „m... pralinen“.

Die Klägerin mahnte die Beklagte durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 2.2.2007 (Anlage K 13) ab. Auf Antrag vom 9.2.2007 erließ das Landgericht Braunschweig im Verfahren 9 O 310/07 am 12.2.2007 eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagte die näher bezeichnete Adwordwerbung verboten wurde. Mit E-Mail vom 22.2.2007 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Klägerin mit, dass die Beklagte an einer grundsätzlichen Klärung interessiert sei und beabsichtige, eine negative Feststellungsklage zu erheben. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23.2.2007 (Anlage K15) forderte die Klägerin die Beklagte persönlich zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf. Daneben korrespondierten die Prozessbevollmächtigten.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Markenrechtsverletzung vorliege, und hat mit der Klage einen Unterlassungsanspruch sowie die Befreiung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 2.2.2007 (Anlage K 13) und das Abschlussschreiben vom 23.2.2007 (Anlage K 15) geltend gemacht. Die Beklagte nutze die Lotsenfunktion der bekannten Klagemarke, um auf ihre Produkte in der sehr stark genutzten Suchmaschine Google aufmerksam zu machen. Trotz der Hinweise im Google-Adwords-Programm habe sie Markenverletzungen nicht durch Wahl einer anderen Keywordoption vermieden. Die Kosten für die Rechtsverfolgung könne sie als Schadensersatz bzw. nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag beanspruchen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung dieser Forderung wird auf den Schriftsatz vom 24.9.2007 (Bl. 51ff) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt.
  1. der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Google-AdWords-Anzeigen, die auf den unter URL „http://www.s....de“ in das Internet eingestellten Onlineshop verweisen, in der Art und Weise zu gestalten und/ oder zu verbreiten bzw. gestalten zu lassen und/ oder verbreiten zu lassen, sodass diese bei Google („www.google.de“) nach erfolgter gezielter Suche nach „M... Pralinen“ in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur Google.-Suchergebnisliste erscheinen und auf den genannten Onlineshop verweisen, obgleich dieser keinerlei Produkte der Marke „M...“ anbietet und/ oder vertreibt.

  2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Beklagten Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € anzudrohen, wobei an die Stelle des Ordnungsgeldes bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft trete.

  3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.399,80 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit durch Zahlung an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
  1. die Klage abzuweisen;

  2. im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.379,80 € zu zahlen und die Beklagte durch Zahlung weiterer 1.379,80 € an die Rechtsanwälte ABC freizustellen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass keine Markenrechtsverletzung vorliege. Die Klagemarke sei nicht bekannt. Die Beklagte habe bei der Buchung der Adword-Anzeige kein Keyword hinzugefügt, das einen Herstellernamen beinhalte, insbesondere habe sie „M...“ nicht benutzt. Jedenfalls stelle die Verwendung einer fremden Marke bei der Buchung einer Adword-Anzeige keine markenmäßige Benutzung dar. Adwords seien nicht wie Metatags zu behandeln. Es bestehe auch keine Verwechslungsgefahr, denn die Anzeige erscheine außerhalb der Trefferliste in dem markierten Bereich für Anzeigen.

Mit Urteil vom 27.8.2008 hat das Landgericht Braunschweig der Klage unter Abweisung des Zinsantrages bezüglich der Rechtsanwaltskosten der Klägerin stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und den Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 24.9.2008 Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Einwand, dass die Benutzung einer fremden Marke als Keyword bei der Adwordwerbung keine markenmäßige Benutzung der fremden Marke darstelle, keine Verwechslungsgefahr bestehe und die Rechtsprechung des BGH zu Metatags nicht auf Adwords übertragbar sei. Die Klägerin nutze ihre Marken einschließlich der Klagemarke nur in dem „passiven“ Werbemedium Internet, so dass eine rechtserhaltende Benutzung nicht erkennbar sei und die Kennzeichnungskraft äußerst gering sei. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Klagemarke um eine Wort-/Bildmarke handele, und habe den Bildbestandteil vernachlässigt. Die Beklagte sei auch nicht verantwortlich für einen etwaigen Markenrechtsverstoß, denn sie habe das die Erscheinung der Anzeige auslösende Keyword „m... pralinen“ nicht selbst eingegeben und den Störungszustand nach Abmahnung beseitigt. Die Beklagte habe angesichts der schwer verständlichen Erläuterungen von Google nicht erkennen können, dass ihre Adword-Anzeige auf Grund der Standardvorgabe „weitgehend passende Keywords“ auch bei Aufruf des Suchwortes „M... Pralinen“ erscheine. Jedenfalls sei der Verbotsausspruch zu weit.

Der Klägerin stehe jedenfalls nicht die Befreiung von den Kosten des Abschlussschreibens vom 23.2.2007 zu, denn die Beklagte habe bereits vorher mit E-Mail vom 22.2.2007 mitgeteilt, dass sie eine grundsätzliche Klärung, auch über eine negative Feststellungsklage, anstrebe, woraus sich ergebe, dass eine Abschlusserklärung nicht abgegeben werden würde. Die Vollmacht, die im Abmahnschreiben erwähnt werde, umfasse auch das Hauptsacheverfahren. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 hat die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin gerügt. Es liege keine diesen Prozess erfassende Ermächtigungserklärung der Markeninhaberin vor.

Die Beklagte beantragt,
  1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 27.8.2008 die Klage abzuweisen;

  2. im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.379,80 € zu zahlen und die Beklagte durch Zahlung weiterer 1.379,80 € an die Rechtsanwälte ABC freizustellen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 vor dem Senat die Klage bezüglich der Befreiung von Kosten in Höhe von 699,90 € für das Abschlussschreiben mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Sie beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, und zwar hinsichtlich Ziffer 1 des angefochtenen Urteils mit der Maßgabe wie erkannt.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Die Traditionsmarke M... sei bekannt und werde nicht nur im Rahmen des Internetshops der Klägerin, sondern auch im Vertrieb von mit der Marke gekennzeichneten Süßwaren im Rahmen eines Shop-in-Shop Systems in Süßwarenfilialen (H... und C...) und in Hotels (K..., H..., A...) benutzt. Die Klagemarke bestehe zwar aus einem Wort- und einem Bildbestandteil. Sie werde jedoch durch den Wortbestandteil geprägt.

Es liege hier eine markenmäßige Benutzung der Klagemarke durch die Beklagte vor. Sie nutze die Lotsenfunktion der Marke und begründe eine Verwechslungsgefahr, denn es liege bei mindestens durchschnittlicher Kennzeichnungskraft Produktidentität und weitgehende Zeichenähnlichkeit zwischen „M...“ und „m... pralinen“ vor.

Die Erläuterungen, die Google für den Anzeigenkunden im Januar 2007 bei der Aufgabe einer Adword-Anzeige bereitgehalten habe, hätten die erforderlichen Hinweise zu den Optionen enthalten und insbesondere auch darauf hingewiesen, dass der Anzeigenkunde bei der Auswahl der Keywords für etwaige Markenrechtsverletzungen selbst verantwortlich sei. Die Beklagte sei verantwortlich, denn auch das Beibehalten der Standardoption „weitgehend passende Keywords“ beim Schalten der Adword-Anzeige beruhe auf ihrer Entscheidung. Es genüge bereits die Wahl „weitgehend passende Keywords“ für eine Verantwortlichkeit. Außerdem sei unstreitig, dass im Januar 2007 bei der Wahl des Keywords „Pralinen“ auf der Liste der von Google bei der Option „weitgehend passende Keywords“ hinzugefügten weiteren Keywords "m... pralinen" mit der Möglichkeit der Ausschließung erschien.

Soweit die Klägerin zunächst einen Anspruch auf Befreiung von den Rechtsanwaltskosten für das Abschlussschreiben vom 23.2.2007 (K25) verteidigt hat, hat sie diesen Anspruch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung insbesondere auch des in der beigezogenen Akte des einstweiligen Verfügungsverfahrens 9 O 310/07 enthaltenen unstreitigen Schriftwechsels zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien nicht mehr aufrechterhalten und insofern die Klage zurück genommen.

Mit Beschluss vom 24.4.2009 hat der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 22.1.2009 in dem Verfahren I ZR 125/07 („Banana-Bay“) im Einverständnis mit den Parteien ausgesetzt. Die Parteien haben zu den Entscheidungen des EuGH in den Adword-Fällen Stellung genommen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anzeige der Beklagten, in der nur generische Begriffe verwendet würden, nicht deutlich mache, dass keine wirtschaftliche Verbindung zu der Markeninhaberin bestehe, so dass nach den Grundsätzen des EuGH eine Verletzung der Herkunftsfunktion der Marke vorliege.

Den in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 geschlossenen Vergleich hat die Beklagte innerhalb der vorbehaltenen Frist widerrufen.


II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist, soweit darüber nach der Teilklagerücknahme bezüglich der Kosten des Abschlussschreibens (Teilbetrag von Ziffer 3 des angefochtenen Urteils) noch zu entscheiden ist, unbegründet, denn der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu, während die Widerklage der Beklagten unbegründet ist. Soweit die Verurteilung zur Unterlassung entsprechend dem Antrag der Klägerin durch die Aufnahme der konkreten Verletzungsform in den Tenor präzisiert worden ist, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung. Im Einzelnen:

Der Klägerin steht auf Grund der Buchung der streitgegenständlichen Adword-Anzeige durch die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 14 II Nr. 1 und 2, V MarkenG zu. Die Klägerin ist entgegen der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.10.2010 geltend gemachten Ansicht der Beklagten als ausschließliche Lizenznehmerin gemäß § 30 III MarkenG berechtigt, diesen Anspruch geltend zu machen. Die erforderliche Zustimmung der Markeninhaberin ist mit der Anlage K1, die bereits mit der Klage eingereicht worden ist, nachgewiesen.

Mit der bei Eingabe des Suchbegriffs „M... Pralinen“ bei Google unstreitig am 19.1.2007 im Anzeigenbereich erschienenen angegriffenen Adword-Anzeige hat die Beklagte die Rechte aus der Klagemarke verletzt. Über den in der Anzeige angegebenen Link „www.f...-geschenke.de“ gelangte der Suchmaschinennutzer unmittelbar zu dem Online-Shop der Beklagten unter „www.s....de“, in dem unstreitig Pralinen, die in die von der Klagemarke beanspruchte Warenklasse 30 fallen, jedoch keine Waren mit der Marke „M...“ angeboten wurden.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH setzt eine Markenverletzung nach Art. 5 Abs. 1 MarkenRL, § 14 Abs. 2 MarkenG voraus, dass die geschützte Bezeichnung markenmäßig verwendet wird, dass die Bezeichnung also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. BGH Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498 „Bananabay“; EuGH C-206/01 GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 „Arsenal Football Club/Reed“; BGHZ 153, 131ff „Abschlussstück“; BGHZ 164, 139ff „Dentale Abformmasse“). Die Rechte des Markeninhabers sollen sicherstellen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Die Geltendmachung der Rechte ist daher auf die Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. BGH Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498 „Bananabay“; EuGH GRUR 2003, 55 „Arsenal Football Club/Reed“; BGH GRUR 2005, 427f = WRP 2005, 616 „Lila-Schokolade“).

Ob in der Verwendung von Marken als Schlüsselwort/ Keyword für eine Adword-Anzeige eine markenmäßige Benutzung in diesem Sinne zu sehen ist, war in der Literatur und Rechtsprechung umstritten (vgl. die Darstellung des Meinungsbildes bei OLG Braunschweig MMR 2007, 789 = MarkenR 2007, 449 „Bananabay“; BGH Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498 „Bananabay“). Der Senat hat bisher (vgl. zusammenfassend: OLG Braunschweig MMR 2007, 789 = MarkenR 2007, 449 „Bananabay“) in der Verwendung von Marken als Schlüsselwort für eine Adword-Anzeige eine markenmäßige Benutzung in diesem Sinne gesehen. Es besteht kein Unterschied, ob das von der Suchmaschine gefundene Ergebnis wie bei der Verwendung des Suchwortes als Metatag in der Trefferliste aufgeführt wird oder ob das Ergebnis im Anzeigenteil erscheint, weil das Suchwort als Schlüsselwort/Keyword für die Schaltung einer Adword-Anzeige benutzt wird. In beiden Fällen wird die eigentliche Funktion der Marke, über ihre kennzeichenspezifische Aussagekraft auf bestimmte Produkte aufmerksam zu machen bzw. zu diesen hinzuführen, genutzt.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Beschluss vom 26.3.2010 (C-91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY Vertriebsgesellschaft mbH“) über die Vorlage des BGH (Vorlagebeschluss vom 22.1.2009 GRUR 2009, 498 „Bananabay“) entschieden und dabei auf die weiteren Entscheidungen des EuGH vom 25.3.2010 (C-278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“) und 23.3.2010 (C-236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google France“) Bezug genommen. Nunmehr liegt auch die Entscheidung des EuGH vom 8.7.2010 (GRUR 2010, 841ff „Portakabin/Primakabin“) vor (zu den EuGH Entscheidungen vgl. auch: Ohly GRUR 2010, 776ff; Splittgerber NJW 2010, 2014ff; Eichelberger EuZW 2010, 731ff).

Der EuGH legt Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken dahin aus, dass der Inhaber einer Marke es einem Werbenden verbieten darf, auf ein mit dieser Marke identisches Schlüsselwort, das von diesem Werbenden ohne seine Zustimmung im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt wurde, für Waren oder Dienstleistungen, die mit den von der Marke erfassten identisch sind, zu werben, wenn aus dieser Werbung für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder doch von einem Dritten stammen (Urteil vom 23.3.2010 C-236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google France“; Beschluss vom 26.3.2010 C-91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY Vertriebsgesellschaft mbH“). Die Richtlinie 89/104/EWG ist auch auf diesen Fall anzuwenden. Sie ist mit Wirkung vom 28.11.2008 durch die Richtlinie 2008/95/EG abgelöst worden, die allerdings in Art. 5 mit der vorherigen Richtlinie übereinstimmt.

Nach der grundlegenden Entscheidung des EuGH vom 23.3.2010 (C-236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google France“) ist das vom Werbenden als Schlüsselwort im Rahmen eines Referenzierungsdienstes ausgewählte Zeichen der Auslöser für das Erscheinen seiner Werbung und wird somit „im geschäftlichen Verkehr“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 benutzt. Es handelt sich auch dann um eine Benutzung für Waren oder Dienstleistungen des Werbenden, wenn das als Schlüsselwort ausgewählte Zeichen nicht in der Anzeige selbst vorkommt. Der Inhaber der Marke kann sich der Benutzung eines mit seiner Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort dann widersetzen, wenn sie eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen könnte.

Zwar ist nach Ansicht des EuGH die Werbefunktion in derartigen Fällen nicht beeinträchtigt. Zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion hat der Gerichtshof jedoch ausgeführt, dass die Frage, ob es diese Funktion beeinträchtigt, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, insbesondere davon abhängt, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu würdigen, ob nach dem jeweiligen Sachverhalt eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegt oder vorliegen könnte. Wenn in der Anzeige des Dritten suggeriert wird, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht, oder wenn die Anzeige hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des Werbelinks und der dazu gehörigen Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder doch mit diesem wirtschaftlich verbunden ist, wird auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen sein (EuGH Urteil vom 23.3.2010 C-236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google France“; Beschluss vom 26.3.2010 C-91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY Vertriebsgesellschaft mbH“).

Für den Fall, dass das verwendete Keyword mit der Marke nicht identisch sondern ähnlich ist, gilt gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b MarkenRL nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25.3.2010 C-278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“) das gleiche. Dabei handelte es sich in diesem Fall um die Wort-/Bildmarke „BergSpechte“ und das Suchwort „Bergspechte“. Mit den Fragen der Erschöpfung und der beschreibenden Benutzung befasst sich der EuGH in seinem Urteil vom 8.7.2010 (GRUR 2010, 841ff „Portakabin/Primakabin“) für den Fall eines Weiterverkäufers gebrauchter Waren.

Nach dieser Rechtsprechung des EuGH liegt bei einer Benutzung des Suchwortes „m... pralinen“ bei der Schaltung einer Adword-Anzeige, die daraufhin auch bei Eingabe von „M... Pralinen“ erscheint, eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr vor. Hier liegt keine Zeichenidentität vor, weil es sich bei der Klagemarke um eine Wort-/Bildmarke handelt. Es kommt daher gemäß § 14 II Nr. 2 MarkenG auf die Verwechslungsgefahr an (vgl. EuGH Urteil vom 25.3.2010 C-278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“), die hier gegeben ist. Die Verwechslungsgefahr ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marke oder durch ein gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. z.B. BGH GRUR 2006, 859 „Malteser Kreuz“).

Es besteht eine sehr hohe Zeichenähnlichkeit zwischen der Klagemarke und dem Suchwort „M... Pralinen“, bei dessen Aufruf die streitgegenständliche Adword-Anzeige der Beklagten unstreitig erschien. Das gleiche gilt für das in der Liste der „weitgehend passenden Keywords“ bei Buchung der Anzeige unstreitig enthaltene Zeichen „m... pralinen“. Bei der Klagemarke handelt es sich zwar um eine Wort-/Bildmarke, die jedoch durch den Wortbestandteil geprägt wird. Es handelt sich bei „M...“ im Zusammenhang mit Pralinen nicht um einen beschreibenden Begriff. Vielmehr erkennt der Internetnutzer, dass es sich um einen Personenamen handelt. Personennamen sind ein klassisches Kennzeichnungsmittel, denen der Verkehr im Allgemeinen einen klaren Herkunftshinweis entnimmt (vgl. BGH GRUR-RR 2010, 205 „Haus und Grund IV“). Das angegriffene Suchwort „M... Pralinen“ weicht vom Wortbestandteil der Klagemarke „M...“ nur hinsichtlich des glatt beschreibenden Zusatzes „Pralinen“ ab. Das Keyword „m... pralinen“ unterscheidet sich noch hinsichtlich der für die Funktion von Google irrelevanten Abweichung in der Groß- bzw. Kleinschreibung.

Es besteht Identität der Waren, denn es werden unstreitig von der Beklagten die in den von der Klagemarke beanspruchten Warenklassen genannten Waren Pralinen und Schokolade vertrieben. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke, die von einem Personennamen geprägt wird, ist mindestens durchschnittlich. Sie wird unstreitig zumindest für einen Internetshop und damit auf jeden Fall im Sinne des §§ 25, 26 MarkenG rechtserhaltend benutzt. Die Argumentation der Beklagten, bei dem Internet handele es sich um ein „passives“ Werbemedium, so dass nur eine äußerst schwache Kennzeichnungskraft vorliege, ist nicht nachvollziehbar.

Es liegt auch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen des EuGH vor. Es ist aus der konkreten Werbung für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht zu erkennen, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder doch von einem Dritten stammen. Nach dem Wortlaut der Anzeige der Beklagten
„ Pralinen
Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente
Genießen und schenken!

„www.f...-geschenke.de “
erwartet der Nutzer der Suchmaschine Google, der mit dem Suchbegriff „M... Pralinen“ gesucht hat, dass er unter dieser Anzeige ein Angebot für Pralinen der Marke „M...“ erhält. Dabei geht er von einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Inhaber (bzw. Lizenznehmer) der Marke und dem Werbenden in dem Sinne aus, dass der Werbende jedenfalls in den Vertrieb der Markenprodukte eingebunden ist. Das ist jedoch unstreitig nicht der Fall, denn die Beklagte vertreibt keine Produkte der Marke „M...“ und steht auch sonst nicht in Verbindung zu der Klägerin oder der Markeninhaberin. Letzteres ist aus der Anzeige nicht zu erkennen. Jedenfalls ist die Anzeige für einen Internethandel hinsichtlich der Herkunft der angebotenen Waren so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des Werbelinks und der dazu gehörigen Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder doch mit diesem wirtschaftlich verbunden ist.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass die Anzeige der Beklagten neben den anderen Suchergebnissen in dem mit „Anzeige“ gekennzeichneten Bereich erschienen ist. Wenn es sich bei dem Suchbegriff, so wie hier mit der Zeichenfolge „M... Pralinen“, um eine Marke handelt, die einen Personennamen als klassisches Herkunftskennzeichen enthält und keinen beschreibenden Inhalt und damit auch keinen Sachbezug bezüglich der darunter angebotenen Produkte erkennen lässt, ist die Bezeichnung nur noch geeignet, eine darunter angebotene Leistung vom Angebot eines anderen Unternehmens zu unterscheiden, und wird daher vom Verkehr auch nur als Herkunftshinweis verstanden.

Dieses wird deutlich, wenn man reflektiert, welcher konkrete Verkaufsvorgang durch die Art einer solchen Internetnutzung ersetzt wird. Die Suchmaschinen nehmen nämlich die Aufgabe eines Verkäufers wahr, indem sie gleich einem Verkäufer die vom Kunden/Internetnutzer benannten Produkte heraussuchen. Fragt der Kunde/Internetnutzer unter Nennung eines konkreten Markennamens oder Unternehmensnamens, mithin einer Bezeichnung, die nur in diesem Sinne verwendet wird, hat er, anders als wenn er nur eine umschreibende Äußerung abgibt (z.B.: Schokolade, Pralinen), die Erwartung und Vorstellung, dass das vom Verkäufer beziehungsweise der Suchmaschine herausgesuchte Produkt dieser Marke zuzuordnen ist bzw. vom so benannten Unternehmen stammt bzw. bei dem benannten Unternehmen zu finden ist (vgl. OLG Braunschweig MMR 2007, 789 = MarkenR 2007, 449 „Bananabay“).

Soweit der BGH (GRUR 2009, 500 „beta layout“) anders lautende Feststellungen der Vorinstanz für die Frage, ob die Verletzung eines Unternehmenskennzeichens vorliegt, gehalten hat, ist dem jedenfalls für Marken, die anders als Unternehmenskennzeichen unter die MarkenRL fallen, nicht zu folgen. In den vom EuGH entschiedenen Fällen zu Adwords handelte es sich stets um im mit „Anzeige“ gekennzeichneten Bereich erschienene Anzeigen. Die Vorlagefrage der Vorinstanzen, ob es von Bedeutung ist, in welchem Bereich der Darstellung der Suchergebnisse, im Anzeigen- oder im Trefferbereich, die Anzeige erscheint, hat der EuGH für nicht relevant gehalten und nicht beantwortet (vgl. EuGH Urteil vom 25.3.2010 C-278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“; EuGH Urteil vom 8.7.2010 GRUR 2010, 841ff „Portakabin/Primakabin“).

Die Beklagte ist für diese Markenrechtsverletzung auch verantwortlich. Die Beklagte ist (ggf. über § 14 VII MarkenG) als Täterin für den Inhalt der von ihr selbst gestalteten Anzeige sowie für die von ihr selbst eingegebenen Keywords (Liste Anlage B4) verantwortlich. Das nimmt die Beklagte auch nicht in Abrede. In der Liste der von ihr selbst angegebenen Keywords Anlage B4 ist das Keyword „M... Pralinen“, bei dessen Eingabe die Anzeige unstreitig im Januar 2007 erschien, nicht enthalten.

Die Beklagte ist jedoch auch als Täterin für die Auswahl der bei der Buchung der Adword-Anzeige auszuwählenden Optionen verantwortlich. Zum Zeitpunkt der Buchung der Anzeige erschien unstreitig bei Wahl des Keywords „Pralinen“ in der Liste der bei Wahl der Funktion „weitgehend passende Keywords“ von Google für die Anzeigenplatzierung hinzugefügten und abwählbaren Keywords das Keyword „m... pralinen“. Da die Beklagte unstreitig bei der Buchung keine der von Google angebotenen Keyword-Optionen ausdrücklich auswählte, buchte sie die Adword-Anzeige mit der Option „weitgehend passende Keywords“ und fügte damit als das Erscheinen ihrer Anzeige auslösende Keywords auch alle von Google mit dieser Option hinzugefügten und von ihr nicht ausdrücklich abgewählten Keywords hinzu, worunter auch „m... pralinen“ fiel.

Da der Beklagten zum Zeitpunkt der Buchung die dazu von Google bereitgestellten Informationen zur Verfügung standen, aus denen sich diese Umstände ergaben, hat sie auch fahrlässig gehandelt. Sie hätte sich informieren können und müssen. Wenn sie den Inhalt nicht verstanden haben sollte, hätte sie sich beraten lassen, eine andere Option für Keywords wählen oder von der Anzeigenaufgabe Abstand nehmen müssen. Dass bei der Wahl von Marken als Keywords Markenrechtsverletzungen in Betracht kamen, ergab sich ebenfalls aus den Hinweisen von Google. „m... pralinen“ enthält einen Personennamen und kennzeichnet offensichtlich Pralinen eines bestimmten Markenherstellers. Der Beklagten war ihr eigenes Sortiment, das keine Pralinen dieser Marke enthielt, auch bekannt.

Auch wenn man hier keine Täterschaft hinsichtlich der durch die Auswahl „weitgehend passende Keywords“ ausgelösten Vorgänge annimmt, ist die Beklagte jedenfalls nach den Regeln der Störerhaftung verantwortlich. Nach der Rechtsprechung des BGH kann bei der Verletzung absoluter Rechte als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des BGH die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 2010, 633 „Sommer unseres Lebens“; BGH GRUR 2008, 702 „Internetversteigerung III“; BGH GRUR 2002, 618 „Meißner Dekor I“).

Hier ist es der Beklagten jedenfalls zuzumuten gewesen, zu prüfen, bei welchen Keywords nach den bei der Buchung der Anzeige zur Verfügung gestellten Informationen die Adword-Anzeige erscheinen würde. Dann hätte sie bei der Buchung erkennen können, dass ihre Anzeige auch bei „m... pralinen“ bzw. „M... Pralinen“ erscheinen würde. Insofern gilt das gleiche wie oben zur Fahrlässigkeit ausgeführt. Anders wäre der Sachverhalt möglicherweise zu beurteilen, wenn die Liste der Keywords nach der Buchung von Google automatisch erweitert und angepasst worden wäre und sich erst dadurch eine Markenrechtsverletzung ergeben hätte.

Der Klägerin steht daneben ein Anspruch auf Befreiung von den Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 2.2.2007 (Anlage K13) zu, und zwar entweder als Schadensersatz gemäß § 14 VI MarkenG (Markenverletzung als Täterin) oder nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Störerhaftung). Der Höhe nach orientiert sich die Klägerin zutreffend an dem auch hier festgesetzten Streitwert und geht von einem Mittelwert von 1,3 Gebühren nach dem RVG aus. Soweit sie 0,65 Gebühren im Hinblick auf Anrechnungsvorschriften abzieht, ist die Beklagte jedenfalls nicht beschwert.

Die Widerklage ist unbegründet. Da der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht, liegt weder in der Abmahnung noch in der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, die einen Schadensersatzanspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auslösen könnte (vgl. dazu: BGH Großer Senat GRUR 2005, 882 = NJW 2005, 3141ff „unberechtigte Schutzrechtsverwarnung“; BGH GRUR 2006, 432 3141ff „unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II“).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 269, 92 II Nr. 1 ZPO, denn der bis zur Teilklagerücknahme als Nebenforderung geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von Rechtsanwaltskosten für das Abschlussschreiben hat sich gemäß § 43 GKG wertmäßig nicht ausgewirkt. Die auf die konkrete Verletzungsform bezogene Fassung des Unterlassungstenors stellt nur eine Klarstellung des von der Klägerin Beanspruchten dar. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 II Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil noch keine Entscheidungen des BGH vorliegen, die die Grundsätze aus der Rechtsprechung des EuGH (Beschlüsse vom 23.3.2010 C-236/08 bis 238/08 GRUR 2010, 445 „Google und Google France“; vom 25.3.2010 C-278/08 GRUR 2010, 451 „BergSpechte“; vom 26.3.2010 C-91/09 GRUR 2010, 641 „Eis.de GmbH/ BBY Vertriebsgesellschaft mbH“ = „Banana Bay“; vom 8.7.2010 (GRUR 2010, 841ff „Portakabin/Primakabin“; zu den EuGH Entscheidungen vgl. auch: Ohly GRUR 2010, 776ff; Splittgerber NJW 2010, 2014ff; Eichelberger EuZW 2010, 731ff) in nationales Recht umsetzen.










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