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OLG München Urteil vom 12.08.1999 - 6 U 4484/98 - Zur wettbewerbswidrigen Domainreservierung ("Rolls-Royce")

OLG München v. 12.08.1999: Zur wettbewerbswidrigen Domainreservierung ("Rolls-Royce")


Das OLG München (Urteil vom 12.08.1999 - 6 U 4484/98) hat entschieden:

   Die "Reservierung" von Domain-Namen, welche als Wortbestandteil bekannte Firmennamen enthalten, verstößt gegen BGB § 12, sofern kein sachlicher Bezug besteht ("Rolls-Royce")

Siehe auch
Domainrecht
und
Markenrechtsverletzungen


Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Zul§ässigkeit der seitens der Beklagten vorgenommenen "Reservierung" von Domain-Namen, welche den Wortbestandteil "r" enthalten.

Die Kl§ägerin stellt u.a. Fahrzeuge der Marke "R" her und ist Inhaberin der deutschen Wortmarke 937 689 "R", die am 25.9.1974 angemeldet und am 12.11.1975 in die Warenzeichenrolle des Deutschen Patentamts u.a. für die Klasse 12 (Fahrzeuge) eingetragen wurde (Anl. K 2). Der Markenschutz wurde bis 25.9.2004 verl§ängert.

Die Beklagte zu 1) befaßt sich u.a. mit EDV- und Online-Dienstleistungen aller Art und ist im Handelsregister des Amtsgerichts N unter HRB 1 ... eingetragen. Der Beklagte zu 2) ist der Gesch§äftsführer der Beklagten zu 1).

In seiner Funktion als Gesch§äftsführer hat der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) unter der Internet-Adresse "http:\\www.n..." eine Vielzahl von Domain-Namen, u.a. "k" und alle in Deutschland bekannten Automarken, registrieren lassen. Darunter befinden sich auch die streitgegenst§ändlichen Domain-Namen "r", "r.de" und "r". Die Beklagten beabsichtigen unter Verwendung möglichst vieler sog. generischer Begriff-Domains einen Internetführer herauszugeben, um auf diesen Begriff-Domains kostenpflichtige Werbung zu schalten sowie den kostenlos dort aufgeführten Firmen weitergehende kostenpflichtige Pr§äsentationsmöglichkeiten anzubieten (Anl. K 5). Außerdem bieten die Beklagten die Pflege, den Kauf oder die Miete ihrer Domains an. Wegen der weiteren Einzelheiten insoweit wird auf den Internet-Auszug der Beklagten zu 1) vom 20.2.1998 (Anl. K 1) Bezug genommen.

Die Kl§ägerin h§ält diese -- ohne ihre Zustimmung erfolgende -- Verwendung ihres Firmennamens und ihrer Marke für unzul§ässig und hat die Beklagten unter Hinweis auf ihr Namensrecht gem§äß § 12 BGB, ihre Markenrechte gem§äß §§ 14, 15 MarkenG und einen Verstoß gegen § 1 UWG mit Schreiben vom 10.9.1997 und mit Schreiben vom 2.2.1998 (Anl. K 3, K 6) abgemahnt, sowie die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserkl§ärung gefordert. Auf die Abmahnung vom 10.9.1997 haben die Beklagten mit Schreiben vom 29.9.1997 (Anl. K 5) mitgeteilt, die Domain "r" könne nicht abgetreten werden, da ansonsten das gesamte Vorhaben einen Internetführer im Bereich "k" herauszugeben, gef§ährdet w§äre. Demgegenüber habe man die Domain "r" nur reserviert, um sie der Kl§ägerin zur Pflege anzubieten. Insoweit bestehe Bereitschaft, diese Domain auf die Kl§ägerin zu übertragen. Mit Schreiben vom 8.2.1998 (K 8) teilen die Beklagten mit, die Domain "r" sei schon freigegeben, wie sich aus einem beiliegenden Schreiben an den Provider vom 8.2.1998 ergebe. Insoweit erübrige sich daher die Abgabe einer Unterlassungserkl§ärung.

Gleichwohl erschien dieser Domain-Name weiterhin auf der Internet-Seite der Beklagten zu 1), wie sich aus dem Internet-Auszug vom 20.2.1998 (K 1) ergibt.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Antr§äge und der Prozeßgeschichte wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß die Verwendung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen durch die Beklagten die Kl§ägerin in ihren Marken- und Namensrechten verletze. Dies gelte auch für die Verwendung mit dem Zusatz "b", weil dieser Bestandteil rein beschreibender Natur sei. Hinsichtlich der Bezeichnung "r" bestehe nach wie vor Wiederholungsgefahr und damit ein Rechtsschutzbedürfnis der Kl§ägerin, wie sich einerseits aus dem Internet-Auszug der Beklagten zu 1) vom 20.2.1998 und andererseits aus dem Umstand ergebe, daß die erforderliche strafbewehrte Unterlassungserkl§ärung nicht abgegeben worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagten sind der Auffassung, das Landgericht habe verkannt, daß § 12 BGB die unbefugte Benutzung eines Namens voraussetze und daß sich die Befugnis der Beklagten zur Nutzung aus § 23 MarkenG ergebe. Denn die Verwendung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen durch die Beklagten erfolge als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen und verstoße ebensowenig gegen die guten Sitten, wie dies z.B. auch bei einem Gebrauchtwagenh§ändler der Fall sei. Durch den Zusatz "b" gebe sich der Domain-Inhaber nur als Anbieter im weitesten Sinne von Dienstleistungen oder Waren rund um die Marke "r" zu erkennen. Dies sei mit Rubrikenüberschriften im Kfz-Anzeigenteil einer Tageszeitung oder eines Automagazins gleichzusetzen. Die Verwendung der reservierten generischen Begriff-Domains sei unbedingt erforderlich, um im Rahmen des geplanten Internetführers eine Kfz-Börse zu etablieren.

Die Beklagten beantragen,

   das Urteil des Landgerichts München I vom 25.6.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kl§ägerin beantragt,

   die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kl§ägerin verteidigt das Ersturteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanziellen Sachvortrags. Erg§änzend führt die Kl§ägerin aus, daß die Beklagten den weltberühmten Ruf der kl§ägerischen Kennzeichen ungerechtfertigterweise für sich ausbeuten würden, um die Aufmerksamkeit der Internet-Benutzer auf sich zu lenken, wodurch eine -- sittenwidrige -- Verw§ässerungsgefahr bezüglich dieser Kennzeichen eintrete. Daher könnten sich die Beklagten nicht auf § 23 MarkenG berufen, zumal sie die streitgegenst§ändlichen Domain-Namen auch zum Kauf, zur Miete und zur Pflege anbieten.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien und seiner Einzelheiten wird auf die Schrifts§ätze der Parteien und die von ihnen in Bezug genommenen Urkunden und Unterlagen verwiesen.





Entscheidungsgründe:


Die zul§ässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der zul§ässigen Klage mit zutreffenden Erw§ägungen stattgegeben, der Senat folgt der Entscheidung des Landgerichts und ihrer ausführlichen Begründung in vollem Umfang und sieht insoweit von einer Wiederholung ab, § 543 Abs. 1 ZPO.

Die diesbezüglichen Angriffe der Berufungsführer vermögen nicht durchzugreifen. Der entsprechende Sachvortrag ist nicht neu und hat im Verfahren vor dem Landgericht ausreichende Kl§ärung erfahren.

Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist erg§änzend auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

1. Die Beklagten sind der Auffassung, das Landgericht habe in seinem Urteil nicht berücksichtigt, daß die Beklagten die Domain "r" bereits mit Schreiben vom 29.9.1997 (Anl. K 5) der Kl§ägerin vorbehaltlos zur Verfügung gestellt h§ätten, ohne daß die Beklagten dafür Forderungen an die Kl§ägerin gestellt h§ätten, so daß eine Wiederholungsgefahr insoweit nicht bestehe, zumal die Beklagten mit Schreiben vom 8.2.1998 (K 8) diese Internet-Adresse auch gegenüber ihrem Provider freigegeben h§ätten. Dem stehe auch der Internet-Auszug der Beklagten zu 1) vom 20.2.1998 (K 1) nicht entgegen, da die Beklagten den fraglichen Domain-Namen weder blockiert noch genutzt h§ätten.



Dieser Auffassung der Beklagten vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zum einen hat das Landgericht diese Umst§ände in seinem Urteil berücksichtigt, wie sich aus S. 13 unten/14 oben der Entscheidungsgründe ergibt, zum anderen ist dem Landgericht darin beizupflichten, daß die einmal bestehende Wiederholungsgefahr grunds§ätzlich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserkl§ärung beseitigt werden kann. Da die Beklagten unstreitig u.a. die streitgegenst§ändlichen Domain-Namen "reserviert" haben und diese -- ebenfalls unstreitig -- gem§äß Anl. K 1 zum Kauf, zur Miete, zur Pflege und zur werbem§äßigen Nutzung angeboten haben, kann am Bestehen einer Wiederholungsgefahr nach Auffassung des Senats kein Zweifel bestehen, so daß das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Kl§ägerin hinsichtlich der insoweit begehrten Unterlassung gegeben ist.

2. Der Unterlassungsanspruch der Kl§ägerin gegenüber den Beklagten, die streitgegenst§ändlichen Domain-Namen mit und ohne dem zus§ätzlichen Bestandteil "b" für sich zu nutzen, folgt nach Auffassung des Senats in erster Linie aus § 12 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Namensberechtigte von demjenigen, der seine Interessen an der ungestörten Namensführung durch unbefugte Benutzung des gleichen Namens verletzt, Beseitigung der Beeintr§ächtigung und Unterlassung der Namensführung für die Zukunft verlangen. Durch § 12 BGB wird nicht nur der bürgerliche Name geschützt, sondern alle namensartigen Kennzeichnungen, auch Firmenabkürzungen und Firmenschlagworte, wie hier die Bezeichnung "R" als schlagwortartige Kurzbezeichnung für das Unternehmen der Kl§ägerin.




Diesen der Kl§ägerin nach § 12 BGB zustehenden Namensschutz für ihr Firmenschlagwort verletzen die Beklagten durch die Reservierung und Nutzung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen, indem sie dieselben zum Kauf, zur Miete, zur Pflege und zur werbem§äßigen Nutzung anbieten. Dies gilt sowohl für die identische Bezeichnung "r", als auch für die Bezeichnungen "r" und "r", denn der Bestandteil "b" ist rein beschreibender Natur, wovon auch das Landgericht völlig zu Recht ausgegangen ist.

2.1. Demgegenüber können sich die Beklagten nicht mit Erfolg auf § 23 MarkenG berufen.

In diesem Zusammenhang ist zun§ächst darauf hinzuweisen, daß, entgegen der Ansicht der Beklagten, eine Domain-Adresse kein bloßes Registrierungszeichen vergleichbar einer reinen Kennung ohne Namensfunktion darstellt, dem von vornherein eine Verletzerqualit§ät im Sinne des § 12 BGB fehlen würde. Die Domain-Adresse hat vielmehr über ihre Registrierungsfunktion hinaus auch eine Kennzeichnungsfunktion, indem sie die unter der Domain-Adresse registrierte Person oder Einrichtung von anderen Internet-Teilnehmern abgrenzen soll (OLG Hamm, Urteil vom 13.1.1998, NJW-CoR 3/98 S. 175 ff. m.w.N.).

Auch der Auffassung der Beklagten, die Benutzung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen erfolge im Zusammenhang mit der geplanten Etablierung eines Internetführers im Bereich "k" nur als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen der Beklagten und verstoße auch nicht gegen die Grunds§ätze des lauteren Wettbewerbs, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn die Beklagten betreiben eher eine Domain-Namen-Börse als eine Kfz-Börse, so daß sich der von den Beklagten herangezogene Vergleich mit einem Gebrauchtwagenh§ändler oder den Rubrikenübersichten im Kfz-Anzeigenteil von Tageszeitungen verbietet. Dies liegt auf der Hand, soweit die Beklagten die von ihnen reservierten Domain-Namen zum Verkauf, zur Miete, zur Pflege und zur sonstigen werbem§äßigen Nutzung anbieten. Hieraus ergibt sich zugleich, daß es keineswegs so ist, daß die Beklagten durch Etablierung eines Internetführers lediglich die Bereitstellung von Informationen im Informationsmedium Internet betreiben. Dies ergibt sich unmißverst§ändlich aus der Internet-Anzeige der Beklagten vom 20.2.1998 gem§äß Anl. K 1.

2.2. Ganz abgesehen von der vom Landgericht zu Recht angenommenen Verwechslungsgefahr, verletzt die Reservierung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen das Interesse der Kl§ägerin an der ungestörten Führung ihres Namens, § 12 BGB, auch deswegen, weil das Firmenschlagwort "R" der Kl§ägerin aufgrund seiner überragenden Verkehrsgeltung nicht nur gegen Verwechslungsgefahr, sondern auch gegen Verw§ässerungsgefahr geschützt ist (Palandt, BGB, 57. Aufl., Rdnr. 31 zu § 12 BGB m.w.N.). Diese überragende Verkehrsgeltung der abgekürzten Bezeichnung R für das Unternehmen der Kl§ägerin kann der Senat aus eigener Sachkunde feststellen, denn sie gehört zum allgemeinen Wissensschatz, wie dies auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Die Unterscheidungskraft und die Wertsch§ätzung der Marke R wird von den Beklagten ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt und beeintr§ächtigt. Eine sachliche Rechtfertigung dieser Benutzung der Marke der Kl§ägerin folgt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht daraus, daß zur Erreichung des Zwecks, den die Beklagten mit ihrem Internetführer verfolgen, die Nennung der Marke der Kl§ägerin bereits im Domain-Namen unabdingbar sei. Denn es handelt sich, wie bereits ausgeführt wurde, keineswegs um eine Dienstleistung mit Markenbezug.



2.3. Schließlich scheidet eine Behinderung der Kl§ägerin entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deswegen aus, weil die Kl§ägerin die Nutzung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen gar nicht plane, wie sich daraus ergebe, daß sie nicht auf "übertragung" der Domain-Namen, sondern nur auf Unterlassung klage. Zum einen gibt der Schutzanspruch aus § 12 BGB der Kl§ägerin nach Auffassung des Senats nicht ohne weiteres das Recht, von den Beklagten die Zustimmung zur übertragung der Domain-Namen zu verlangen, weil § 12 BGB dem Verletzten lediglich einen Anspruch auf Beseitigung der Beeintr§ächtigung, mithin einen Unterlassungsanspruch, einen Anspruch auf Mitwirkung an der Löschung der Registrierung, einen Auskunftsanspruch und gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch, wie vorliegend von der Kl§ägerin geltend gemacht, einr§äumt. Das bedeutet, daß die Beklagten ihre Sperrposition, die sie mit der Registrierung und Nutzung der streitgegenst§ändlichen Domain-Namen ausüben, aufgeben müssen, ohne daß es darauf ankommt, ob, oder in welcher Weise, die Kl§ägerin das ihr zustehende Namensrecht zu nutzen gedenkt. Dies folgt nicht zuletzt aus der dargelegten Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Kl§ägerin und der grunds§ätzlichen Pflicht des Beklagten zur Abstandswahrung auch im Rahmen des von ihm geplanten Internetführers.

3. Aus den dargelegten Gründen stehen der Kl§ägerin die von ihr geltend gemachten Ansprüche in gleicher Weise aus §§ 14, 15 MarkenG und gem§äß § 1 UWG zu. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorl§äufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Wert der Beschwer wurde gem§äß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

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