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Landgericht Köln Urteil vom 13.01.2010 - 28 O 578/09 - Hausbesitzer kann dem Fotografieren seines Hauses nicht widersprechen

LG Köln v. 13.01.2010: Hausbesitzer kann dem Fotografieren seines Hauses nicht widersprechen


Das Landgericht Köln (Urteil vom 13.01.2010 - 28 O 578/09) hat entschieden:

  
Einer Grundstückseigentümerin steht gegen ein Unternehmen, das Fotos von Häusern im Internet veröffentlicht, kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung von Lichtbildern von ihrem Haus in Verbindung mit der Nennung des Straßennamens und der Hausnummer aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB analog, § 4 Abs. 1 BDSG zu. Durch eine derartige Veröffentlichung erfolgt weder ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht noch steht ihr nach Abwägung ein Unterlassungsanspruch aus datenschutzrechtlichen Grundsätzen zu.




Siehe auch Fotografien und Google Street View


Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Befugnis der Beklagten, das im Miteigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück in ihrem Internetangebot mit Adresse abzubilden.

Die Klägerin ist Miteigentümerin des Grundstücks O- Straße in … Köln; dort wohnt sie auch. Die Beklagte ist verantwortlich für das unter der Internetadresse www.bilderbuch-koeln.de zu erreichende Internetangebot „Bilderbuch-Köln“. Ihr Angebot erklärt die Beklagte dort wie folgt:

   „T-Buch fängt da an, wo Google Earth aufhört – bei Einzelfotos von Häusern, Straßen und Plätzen in Köln. Mit vielen (zehn)tausend aktuellen und Historischen Fotos wird unsere Stadt abgebildet, wie sie heute ist, aber auch früher war. In den kommenden Jahren wollen wir von jedem Kölner Haus ein Foto zeigen können.

Die Verknüpfung von Fotos mit Geodaten und Google Maps ermöglicht eine einfache virtuelle Navigation durch Köln. Schlagworte ermöglichen eine thematische Darstellung. Alle Straßen, zu denen es Fotos gibt, sind gelistet. Mehr und mehr Text zu den einzelnen Fotos, Straßen und Stadtteilen kommt hinzu.

Neu ist die Möglichkeit der direkten Verknüpfung von Fotos (Foto-Tagging). Damit können Teile von Fotos mit anderen Fotos verlinkt werden und so ganze Fotofolgen, Stadtrundgänge oder Bildergeschichten entstehen. Bei Restaurants z.B. kann bis auf die Speisekarte gesehen werden.“




Das Internetangebot der Beklagten kann z.B. so genutzt werden, dass nach einem Haus systematisch durch Eingabe von Straßennamen und Hausnummer gesucht wird. Das Ergebnis bietet dann ein Bild der Gebäudeansicht, die über Geokoordinaten eindeutig lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse zugeordnet werden kann. Bei Auswahl einer Straße aus dem entsprechenden Menü werden die Fotos der entsprechenden Straße nebst jeweiliger Hausnummer angezeigt. Das „T-Buch“ enthält neben aktuellen Ansichten auch historische Ansichten aus einer Vielzahl von Epochen, von namhaften Kölner Fotografen erstellte Fotografien sowie auch erläuternde Beiträge zu den Objekten, deren Geschichte und den Fotografen. So ist dort auch der gesamte Bildbestand des Konservators der Stadt Köln/Amt für Denkmalpflege, das Bildarchiv der B Immobilien AG und ein Großteil der Bildarchive der bekanntesten Kölner Kunst- und Pressefotografen aus mehr als einem Jahrhundert veröffentlicht. Wegen der Einzelheiten des insoweit beispielhaft eingereichten Inhalts wird auf die Anlage B 1 (Bl. 40 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin stieß im Mai 2009 darauf, dass Fotos von ihrem Haus zusammen mit dessen Adresse von der Beklagten über ihr Internetangebot veröffentlicht wird. Es handelt sich um drei Bilder (Anlagen K 6, K 7 und K 8 zur Klageschrift). Die Eingabe der Adresse „O- Straße 89“ bei Google ergab, dass die beiden ersten Treffer des Suchergebnisses auf das Angebot der Beklagten verlinken und danach das Auffinden der Abbildungen des Hauses der Klägerin nebst dessen Adresse möglich machen. Die Klägerin wies die Beklagte – zusammen mit ihrem Bruder, der weiterer Miteigentümer des Grundstücks ist – mit Schreiben vom 25.05.2009 auf die ungewollte Veröffentlichung von Bildern ihres Hauses hin und forderte diese zur sofortigen Entfernung der Fotos auf. Dies verweigerte die Beklagte. Auch auf die nunmehr erfolgende anwaltliche Abmahnung gab die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Sie macht mit der vorliegenden Klage einen Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB analog, § 4 Abs. 1 BDSG gegen die öffentliche Zugänglichmachung der Fotos unter Benennung der Adresse geltend unter Hinweis darauf, es handele sich um personenbezogene Daten zu ihrer Person. Dies sei unzulässig. Die geschehene Abbildung ihres Wohnhauses in dieser Weise verletze sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG, da hier ihre Privatadresse nebst Bebilderung ihrer Wohn- und Eigentumsverhältnisse veröffentlicht werde. Hierdurch sieht sie sich in ihrer Privatsphäre und ihrem Sicherheitsinteresse stark beeinträchtigt. Sie befürchtet, durch das Angebot der Beklagten ausgespäht oder konkret unter Bezugnahme auf ihre Wohn- und Eigentumsverhältnisse in Bezug genommen zu werden. Die Gebäudeansichten mit Adressenangabe könne ohne großen Aufwand der Klägerin zugeordnet werden. So sei auch durch die Bilder ohne weiteres der Einbruchsschutz eines Hauses erkennbar. Sie macht geltend, dies müsse sie auch nicht im Allgemeininteresse dulden. Insbesondere sei es der Beklagten auch möglich, die Kölner Stadtarchitektur umfassend zu archivieren ohne Angabe der personenbezogenen Daten. Schließlich entspreche ihre Rechtsauffassung auch einem Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom 13./14.11.2008.

Auf die Sonderstellung der Medien könne sich die Beklagte nicht berufen, da eine bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch keine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstelle ( BGH NJW 2009, 2890). Dies gelte insbesondere, weil die bei der Beklagten hochgeladenen Bilder von dieser ohne eigene Bearbeitung öffentlich zugänglich gemacht würden. Mit der Beklagten vergleichbare Anbieter wie sightwalk.de räumten den Betroffenen ein Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung u.a. von Hausnummern ein. Auch bei Google Streetview bestünde die unkomplizierte Möglichkeit der Löschung von Aufnahmen.

Die Klägerin beantragt,

   die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken am Geschäftsführer der Beklagten, es zu unterlassen,

      die in der Anlage K 6, K 7 und K 8 beigefügten Bilder im Zusammenhang mit der Benennung der Straße und Hausnummer „O- Straße 89“ ohne Erlaubnis der Klägerin öffentlich zugänglich zu machen und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wie es durch öffentliche Zugänglichmachung auf dem von der Beklagten zu verantwortenden Internetangebot, www.....de, unter den Links http://www.....de/Fotos/5796, http://www.....de/Fotos/5797, http://www.....de/Fotos/5795 geschehen ist.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, bei der Abwägung seien die über Art. 12 GG geschützte Gewerbefreiheit sowie die über Art. 5 GG geschützte Kunst- und Pressefreiheit zu berücksichtigen. Dies gelte auch im Rahmen der Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, wie dies an dem in § 41 BDSG enthaltenen Medienprivileg zum Ausdruck komme. Dies sei deshalb der Fall, weil die Beklagte nicht nur die von ihr ermittelten Daten wiedergebe, sondern diese optisch und redaktionell aufbereite. Mehr als 50 000 der im T-Buch zu sehenden Fotografien seien von den fotografischen Mitarbeitern der Beklagten selbst erstellt. Auch von Dritten hochgeladene Bilder würden vor der Veröffentlichung seitens der Beklagten bearbeitet und z.T. sehr ausführlich betextet (Anlage B 4, Bl. 77 bis 81 d.A.). Dies stelle eine eigene journalistische und redaktionelle Gestaltung dar, eine essentielle Aufbereitung des Datenmaterials im öffentlichen Interesse und unterfalle dem Bereich der „elektronischen Presse“. Sie behauptet, die Beschlusslage der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz habe sich insoweit gewandelt, als dass die Forderung, dass Hausnummern nicht erkennbar sein dürften, in der Praxis der Datenschutzbehörden nicht mehr verfolgt werden.



Sie macht weiter geltend, auch eine allgemeine Abwägung zwischen den Interessen der Parteien führe zur Zulässigkeit der mit der Klage angegriffenen Handlungen. Die Beklagte stelle ein Bild der Stadt Köln über die Zeit hinweg dar und mache dieses der interessierten Öffentlichkeit zugänglich. So würde das allgemeine Interesse an Stadtgeschichte, Stadtentwicklung sowie eines allgemein zugänglichen Portals für Fotokunst, Stadtgeschichte, Stadtentwicklung und Architektur befriedigt. Dabei sei die Lokalisierung der Bilder nur über Geodaten möglich. Die Herausnahme einzelner Bilder würde die Erreichung dieser publizistischen Zwecke nachhaltig gefährden, da die interessierte Öffentlichkeit bei der Erforschung der oben aufgeführten Bereiche auf ein möglichst umfassendes Bildmaterial angewiesen sei. Auch sei es der Beklagten nicht zuzumuten, über die Entnahme von Bildern zu entscheiden, wenn z.B. mehrere Berechtigte widersprechende Forderungen erhöben. Demgegenüber würden die Belange der Klägerin gar nicht oder jedenfalls nicht übermäßig beeinträchtigt. Ihre Privatsphäre sei gar nicht betroffen, weil sich die Bilder auf die Straßenansicht beschränkten – anders als bei anderen Diensten, die nach Eingabe der Adresse ein Haus in allen erdenklichen Perspektiven zeigten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung von Lichtbildern von ihrem Haus in Verbindung mit der Nennung des Straßennamens und der Hausnummer aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB analog, § 4 Abs. 1 BDSG zu. Durch die streitgegenständliche Veröffentlichung erfolgt weder ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht noch steht ihr nach Abwägung ein Unterlassungsanspruch aus datenschutzrechtlichen Grundsätzen zu.


I.

Die Kammer geht zunächst tatsächlich davon aus, dass die von der Beklagten im Internet vermittelte Ansicht der Fassade des Hauses der Klägerin unter Nennung von Straße und Hausnummer nicht unmittelbar zu dem Namen der Klägerin als Miteigentümerin und Bewohnerin führt. Diese bleibt für den Betrachter des Portals anonym. Es ist jedoch grundsätzlich möglich, bei Kenntnis einer bestimmten Straße und Hausnummer zu ermitteln, welche Personen dort leben, sei es auch durch Einsichtnahme vor Ort. Dem Betrachter des Internetangebotes der Beklagten wird letztlich bildlich nicht mehr dargeboten, als demjenigen, der selbst durch die Straße geht oder fährt, wobei dieser zusätzlich noch in die Lage versetzt ist, sofort durch Ansicht der Klingelschilder die Namen der Bewohner zu ermitteln.


II.

1. Allerdings geht die Kammer ungeachtet dessen davon aus, dass die Klägerin in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht betroffen ist, mit der Folge, dass sie aktivlegitimiert ist. Die individuelle Betroffenheit in presserechtlicher Hinsicht setzt voraus, dass die Darstellung sich mit dem Anspruchsteller als Individuum befasst. Die dafür vorausgesetzte Erkennbarkeit ist im Zweifel nicht nur bei namentlicher Erwähnung, sondern auch bei Erwähnung eines früheren, insbesondere des Geburtsnamens zu bejahen, ebenso bei Nennung eines Pseudonyms, sofern der betreffende Namensträger tatsächlich gemeint ist oder zumindest ein entsprechenden Anschein erweckt wird. Die Erkennbarkeit kann auch aus der Anführung individualisierender Merkmale folgen, z.B. Schilderung von Einzelheiten des Lebenslaufes, Nennung von Wohnort, Berufstätigkeit etc. (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 12.43 ). Hiernach ist davon auszugehen, dass die Klägerin jedenfalls anhand ihrer Wohnanschrift erkennbar und daher individualisierbar ist.

2. Die Kammer geht auch grundsätzlich davon aus, dass ein Eingriff in die Privatsphäre vorliegen kann, wenn Fotos von der Außenansicht eines Wohnhauses gegen deren Willen unter Namensnennung – oder gegebenenfalls anderer vergleichbarer, sie ohne weiteres für den Durchschnittsrezipienten individualisierbarer Merkmale – veröffentlicht oder verbreitet werden. Als derartiges individualisierendes Merkmal reicht jedoch nicht bereits die Angabe der Adresse des abgebildeten Hauses aus. Entscheidend für die Frage der Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist nämlich, ob der Betroffene nach den konkreten Gegebenheiten die begründete und für Dritte erkennbare Erwartung hegen darf, dass seine privaten Verhältnisse den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleiben und von ihr nicht zur Kenntnis genommen werden ( BVerfG NJW 2006, 2836, 2837) und ob durch die Veröffentlichung in diese so geschaffene Privatsphäre eingedrungen und das Recht der betroffenen Person auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung ihrer persönlichen Lebensumstände beeinträchtigt wird (vgl. BGH GRUR 2009, 1089, 1090; GRUR 2004, 442 – Feriendomizil II; GRUR 2004, 438 – Feriendomizil I; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837). Allerdings liegt die Annahme einer Persönlichkeitsrechtsverletzung eher fern, wenn lediglich das Fotografieren der Außenansicht eines Grundstücks von einer allgemein zugänglichen Stelle aus und die Verbreitung solcher Fotos in Frage stehen, weil die Aufnahmen nur den ohnehin nach außen gewandten Bereich betreffen ( BGH GRUR 2009, 1089, 1090). Denn die Erwartung einer fehlenden Kenntnisnahme durch die Allgemeinheit liegt grundsätzlich fern, wenn ein privates Anwesen für jedermann von öffentlich zugänglichen Stellen aus einsehbar ist. Dementsprechend verneint die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, sofern die Abbildung des Anwesens nur das wiedergibt, was auch für den vor Ort anwesenden Betrachter ohne weiteres zutage liegt ( BVerfG NJW 2006, 2836, 2837). So liegt es hier: für den vor Ort anwesenden Betrachter sind Haus und Anschrift der Klägerin mindestens so offenbar wie im Internetauftritt der Beklagten.

Richtig ist, dass anderes gelten kann, wenn durch die Beiordnung des Namens der Bewohner die Anonymität eines Grundstücks aufgehoben wird, so dass Abbildungen einer Person zugeordnet werden können und dadurch einen zusätzlichen Informationsgehalt gewinnen ( BGH GRUR 2009, 1089, 1090). Diesen Informationsgehalt gewinnt die Mitteilung der Beklagten nicht; die Angabe der postalischen Anschrift des Hauses beinhaltet keine der Namensnennung vergleichbare Information.

Die Kammer verkennt des weiteren nicht, dass die Beklagte ihr Portal zu gewerblichen Zwecken nutzt. Jedoch ergeben sich auch aus diesem Aspekt keine Anhaltspunkte für die Annahme einer Persönlichkeitsrechtsverletzung. Zwar kann grundsätzlich auch in der werbemäßigen Verbreitung der Abbildung eines fremden Hauses eine Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen (vgl. BGH, GRUR 1971, 417f – Teneriffa; NJW 1989, 2251 ff. -Friesenhaus). Dies setzt jedoch voraus, dass der Eindruck entstehe, der Eigentümer des Hauses stehe hinter der Werbung des Veröffentlichenden, unterstütze sie oder habe Geld dafür bekommen (BGH a.a.O.). Ein solcher Eindruck wird bereits deshalb nicht erweckt, weil die Beklagte es sich erklärtermaßen zum Ziel gesetzt hat, die Straßen der Stadt Köln mit ihrer jeweiligen Bebauung möglichst vollständig wiederzugeben. Daher liegt die Annahme fern, die Eigentümer der abgebildeten Häuser stünden in einer wie auch immer gearteten Verbindung zu der Beklagten.




III.

Auch aus datenschutzrechtlichen Aspekten ergibt sich im Ergebnis – nach Abwägung der betroffenen Interessen der Parteien – kein Unterlassungsanspruch der Klägerin, wobei allerdings davon auszugehen ist, dass die streitgegenständlichen, von der Beklagten veröffentlichten Informationen (Abbildung des Hauses mit Straßen- und Hausnummernangabe) als personenbezogene Daten in Bezug auf die Klägerin zu bewerten sind.

1. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist nach § 4 Abs. 1 BDSG dann zulässig, wenn das Gesetz die Datenverarbeitung erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. BGH NJW 2009, 2888, 2890 m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist auch eine konkrete Anschrift bei Abbildung des Hauses hierunter zu fassen, da – wie dargelegt – die Klägerin als Bewohnerin dieses Hauses bestimmbar machen.

2. Die Kammer neigt dazu – ohne dass es indes im Ergebnis entscheidend auf diesen Umstand ankommt – der Beklagten das Medienprivileg gemäß § 41 BDSG zuzugestehen, da sich deren Tätigkeit nicht darauf beschränkt, bestimmte Örtlichkeiten abzubilden und diese im Stadtplan genau zu lokalisieren, sondern diese darüber hinaus Informationen zu Hintergründen von Stadtgeschichte, Architektur u.ä. gibt – wenn diese auch nicht auf jede einzelne Abbildung bezogen sind. Die Beklagte beschränkt sich mithin nicht darauf, eigenes oder fremdes Bildmaterial einzustellen, um es dann bestimmten Örtlichkeiten in Köln zuzuordnen.

Das Medienprivileg stellt die Presse bei der Erfüllung ihrer in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zuerkannten und garantierten Aufgaben von der Einhaltung der Datenschutzvorschriften weitgehend frei, denn ohne die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich. § 41 BDSG gilt für die Presse im verfassungsrechtlichen Sinne, folglich auch für die „elektronische Presse". Telemedien sind grundsätzlich vom Medienprivileg dann umfasst, wenn sie unter den Pressebegriff des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen. Die sich aus § 41 Abs. 1 BDSG ergebende datenschutzrechtliche Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient. Maßgebend ist, dass die Daten „ausschließlich für eigene journalistisch-redaktionelle oder literarische Zwecke" bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt. Erst wenn die meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur schmückendes Beiwerk ist, kann von einer solchen Gestaltung gesprochen werden ( BGH NJW 2009, 2888, 2890).

Die Kammer geht davon aus, dass diese Voraussetzungen für das Angebot der Beklagten erfüllt sind. Die von der Beklagten in den Anlagen B 1 und B 4 vorgelegten Inhalte zeigen auf, dass sie nicht nur die oben genannten Informationen über Leben und Werk berühmter Kölner Fotografen – deren Bilder von Kölner Straßen sie zeigt – oder Angaben zu historischen Abbildungen gibt. Sie zeigt z.B. auch „nächtliche Straßenszenen nach gewonnenem Halbfinale der Fußball-EM 2008“ bzw. gibt – wie aus der Anlage B 4 ersichtlich – historische und architektonische Informationen zu einigen Adressen. Nimmt man z.B. die Beschreibung des Hauses H-Straße, so wird der Wiederaufbau durch die Eigentümerfamilie im Einzelnen dargestellt. Das Ziel, mehr und mehr Text zu den einzelnen Fotos, Straßen und Stadtteilen hinzufügen zu wollen, findet sich auch in der Beschreibung „Was ist T-Buch?" (Anlage K 3). Damit ist das Angebot nicht mit dem Portal vergleichbar, das Gegenstand der Entscheidung BGH NJW 2009, 2888 ff. – Spickmich war und bei dem der BGH das Presseprivileg nicht angenommen hat. Bei jenem Portal wurde lediglich die Zahl der abgegebenen Bewertungen erfasst und ein arithmetisches Mittel aus abgegebenen (Schul-) Noten errechnet, so dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung, die die Anwendung des Medienprivilegs eröffnen könnte, ausschied.

3. Ungeachtet der Frage eines möglichen Presseprivilegs für die Beklagte geht die Kammer angesichts der Eingriffsintensität in Rechte der Klägerin einerseits und den Rechten der Beklagten andererseits davon aus, dass das Vorgehen der Beklagten auch unter Berücksichtigung allein der Kommunikationsfreiheit gemäß Art 5 Abs. 1 GG zulässig ist.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der entsprechenden Daten nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog, i.V. mit § 4 Abs. 1 BDSG durch deren Übermittlung an die abfragenden Nutzer. Diese ist vielmehr nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig.

a) Grundsätzlich ist die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten gem. § 29 Abs. 2 Nr. 1 lit. a und 2 BDSG daran gebunden, dass der Datenempfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung besteht. Das Recht der Meinungsfreiheit umfasst auch das Recht, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Es besteht der Grundsatz des freien Meinungsaustauschs nicht nur für Themen, die von besonderem Belang für die Öffentlichkeit sind (vgl. BVerfG NJW 1966, 1499; BVerfG NJW 1966, 1603; BVerfG NJW 2008, 1793, 1797; BGH NJW 2009, 2888 ff.).

b) In diesem Zusammenhang geht die Kammer zunächst davon aus, dass das Speichern der streitgegenständlichen Daten im Zusammenhang mit dem Wohnhaus der Klägerin überhaupt zulässig war.

Die Speicherung von Daten ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und -speicherung nicht gegeben ist. Der wertausfüllungsbedürftige Begriff des „schutzwürdigen Interesses" verlangt eine Abwägung des Interesses des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Wendet sich der Betroffene gegen die Datenerhebung, hat er darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er des Schutzes bedarf. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Speicherung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Speicherung zulässig ( BGH NJW 2009, 2888, 2891).

Das auf Seiten der Klägerin in Betracht kommende Recht auf informationelle Selbstbestimmung stellt sich als Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfG NJW 1984, 419; BVerfG NJW 2008, 822, 826). Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. BVerfG NJW 1958, 97 – Lüth). Dem entspricht die Regelung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, wonach die Vorschriften des Datenschutzes auch für nicht-öffentliche Stellen gelten.

Durch die Sammlung und Speicherung von Fotos, die das von ihr bewohnte Haus zeigen unter Bezeichnung von dessen postalischer Anschrift wird die Klägerin allenfalls ganz marginal in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Denn, wie dargelegt, handelt es sich insofern um Informationen, die sich unschwer jedem Passanten eröffnen, der über die von der Klägerin bewohnte Straße geht. Ob es sich um schutzwürdige Belange handelt, die der Datenerhebung und -speicherung durch die Beklagte entgegenstehen, ist durch Abwägung mit der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleisteten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Nutzer ihres Internetangebotes ( Art. 5 I GG ) zu bestimmen.

In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien unter anderem nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden. Danach genießen besonders hohen Schutz die so genannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören. Allerdings hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über „seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist ( BGH NJW 2009, 2888, 2891, 2892 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat die Klägerin die Speicherung der streitgegenständlichen Informationen hinzunehmen. Immerhin gibt die Beklagte keine sensiblen Daten über sie wieder, die der Intim- oder Geheimsphäre zuzuordnen sind. Vielmehr eröffnet sich die Adresse der Klägerin notwendigerweise in vielerlei Hinsicht für Dritte im sozialen Leben der Klägerin. Es gehört zu ihrer sozialen Realität, dass die Adresse sowie das äußere Abbild ihres Wohnhauses einer Vielzahl von Personen bekannt sind oder werden, z.B. bereits dann, wenn es darum geht, dass Briefe oder Pakete bei ihr abgegeben werden. Ihr Name auf dem Klingelschild eröffnet sich jedem Passanten, der darauf schaut; auch solchen Personen wird dann eine Einschätzung möglich, wie die Lebensumstände der Bewohner des Hauses sein könnten: ob sie arm oder reich, alt oder jung sein könnten. Demgegenüber befriedigt die Beklagte das Informationsinteresse einer breiten Öffentlichkeit, indem sie Informationen über das Stadtbild, seine Geschichte und Architektur gibt; diese Informationen stellt sie in den räumlichen Kontext der Abbildungen von Gebäuden innerhalb des Stadtplans. Dass die Klägerin durch die Abbildung auch ihres Hauses konkret beeinträchtigt worden sein könnte, ist nicht anzunehmen. Damit ist ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin gegen die Erhebung und Nutzung der Daten durch die Beklagte nicht gegeben, so dass die Speicherung der Daten nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG zulässig ist.

c) Unter den Voraussetzungen dieser Abwägung geht die Kammer davon aus, dass auch das Verbreiten dieser gespeicherten Information zulässig ist, bedenkt man zusätzlich, dass der Grundsatz des freien Meinungsaustauschs nicht nur für Themen gilt, die von besonderem Belang für die Öffentlichkeit sind.




Wäre die verfassungsmäßig geschützte Verbreitung von derartigen Beiträgen zur Information und Meinungsbildung in Form der Wiedergabe von Abbildungen von Gebäuden unter Mitteilung ihrer Anschrift im Internet nur zulässig, sofern dabei nicht persönliche Daten übermittelt werden, würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, außer es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Eine besondere Schwierigkeit ergäbe sich für Angebote wie das der Beklagten auch daraus, dass bei Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz an Häusern oder einzelnen Wohnungen eine Betroffenheit vieler verschiedener Beteiligter gegeben sein könnte, deren Interessen an einer Abbildung unter dem Angebot der Beklagten auch diametral auseinandergehen können, bedenkt man z.B. die z.T. auch historische Fotosammlung der Wohnungsbaugesellschaft B. Die Präsentation von für die Allgemeinheit informativen Inhalten wie die der Beklagten würden dadurch weitgehend unmöglich gemacht, weil alle auch nur mittelbar den Bewohner oder Eigentümer der abgebildeten Häuser identifizierbar machenden Informationen aus dem System genommen werden müssten, wenn für die Weitergabe die Einwilligung des oder der Betroffenen im Allgemeinen fehlt. Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit sind aber nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig sind (BVerfG, NJW 2001, 503, 505). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten auf der Internetplattform der Beklagten muss deshalb auf Grund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen den Interessen des Abrufenden an der Kenntnis der Daten und desjenigen, der die Daten übermittelt hat, an deren Weitergabe gegenüberzustellen. Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten sind zu messen an den Aufgaben und Zwecken, denen Speicherung und Übermittlung dienen (vgl. BGH, NJW 1986, 2505, 2506).

Vorliegend ist danach im Hinblick auf die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten in Bezug auf die Klägerin, die demgegenüber durch die Beklagte bewirkte Information einer breiten Öffentlichkeit über Kölner Örtlichkeiten, ihre Geschichte und andere Themen sowie auf den Umstand, dass die Erhebung dieser Daten in zulässiger Weise zum Zweck der Übermittlung erfolgt ist, auch diese in Wahrung des Grundrechts auf Informationsgewährung und -beschaffung der Beklagten zulässig. Die demgegenüber von der Klägerin vorgetragenen Befürchtungen zu einer Möglichkeit der Ausspähung ihres Hauses erscheinen theoretisch angesichts des Umstandes, dass mindestens dieselben Informationen von jedem Passanten erhoben werden können.


IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 19.500,00 Euro.

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