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Kammergericht Berlin Beschluss vom 10.11.2009 - 5 W 120/09 - Die Werbung politischer Parteien als Testsieger und mit einem Logo der Stiftung Warentest ist unzulässig

KG Berlin v. 10.11.2009: Die Werbung politischer Parteien als Testsieger und mit einem Logo der Stiftung Warentest ist unzulässig


Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 10.11.2009 - 5 W 120/09) hat entschieden:

  1.  Wird in einer parteipolitischen Werbung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs (unter Verwendung fremder markenrechtlich geschützter Kennzeichnung) der unzutreffende und rufschädigende Eindruck erweckt, eine bekannte Organisation habe den Service bestimmter Einrichtungen politischer Parteien getestet (und die Einrichtung der werbenden Partei sei "Testsieger"), kann analog § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB ein Unterlassungsanspruch begründet sein.

  2.  Die Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften ist bei einem Handeln im privaten Verkehr ausnahmsweise jedenfalls dann nicht durch die speziellen Bestimmungen des Markengesetzes ausgeschlossen, wenn ein schwerwiegender rufschädigender Angriff auf die bekannte Marke vorliegt.

Siehe auch
Werbung mit Testergebnis
und
Werbeaussagen


Gründe:


I.

1. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht: Sie führe vergleichende Tests von Waren und Dienstleistungen durch. Die Ergebnisse veröffentliche sie seit vielen Jahren u.a. in der Zeitschrift "test" (vgl. Anlage Ast 2). Sie sei Inhaberin einer Vielzahl von Marken, so etwa der beim DPMA für u.a. die "Veranstaltung, Auswertung und Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen" aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen und nachfolgend abgebildeten Wort-/Bildmarke

   [folgt eine Abbildung]

und der u.a. für "Verbraucherberatung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- sowie Test- und Untersuchungsergebnissen” eingetragenen und nachfolgend abgebildeten Wort-/Bildmarke

   [folgen Abbildungen]

Die Antragstellerin sei 94 % der Bevölkerung bekannt. Die Zeitschrift "test" würden 57 % der Bevölkerung kennen.

Die Antragsgegnerin habe an der Eingangstür des "F.-Mitmachzentrums" in der R... in 1... B... wie in der Beschlussformel Ziff. 1 abgebildet geworben.

2. Die Antragstellerin sieht darin nicht nur eine Verletzung ihrer Markenrechte. Der für die Werbung Verantwortliche suggeriere mit der Werbung für ein bestimmtes Produkt unter Inanspruchnahme von Marken/Unternehmenskennzeichen der Wahrheit zuwider, dass diese Werbung vom Originalhersteller stamme. Dies sei gemäß § 824 Abs. 1 BGB zu untersagen.

3. Das Landgericht hat im angefochtenen Beschluss den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt, weil es markenrechtlich an einem Handeln des Antragsgegners im geschäftlichen Verkehr und deliktsrechtlich an einer erforderlichen überragenden Verkehrsgeltung (ab 80 % des angesprochenen Verkehrs) fehle.





II.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet, §§ 935, 940 ZPO.

1. Die von der Antragstellerin beanstandete Werbung des Antragsgegners ist nach § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB (in analoger Anwendung) zu untersagen.

a) Diese Werbung enthält aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs die Tatsachenbehauptung, die Antragstellerin habe den Service des "F.-Mitmachzentrum" getestet und daraus sei diese Einrichtung des Antragsgegners als "Testsieger" hervorgegangen.

aa) Die beanstandete Werbung lehnt sich nach Inhalt und äußerer Gestaltung an die gerichtsbekannt breiten Schichten der Bevölkerung geläufige Aufmachung an, mit der Testergebnisse der Antragstellerin über viele Jahre von Unternehmen werbend mitgeteilt wurden. Kennzeichnend für diese Veröffentlichungen von Testergebnissen der Antragstellerin sind ein viereckiger Kasten, in dem im oberen Teil hervorgehoben das Testergebnis genannt, darunter in kleinerer Schrift der Gegenstand des Tests umschrieben und wiederum darunter deutlich hervorgehoben die Veröffentlichung des Testergebnisses ("test"-Logo als rotes Quadrat mit weißem Schriftzug "test" und daneben in deutlicher Schriftstärke die Angabe von Monat und Jahr, z.B. "8/2007") angegeben wird. Diese Merkmale werden in einem wesentlichen Umfang in der beanstandeten Werbung übernommen. Es wird ein viereckiger Kasten benutzt, in dem im oberen Teil hervorgehoben das Testergebnis genannt wird ("Testsieger"). Darunter wird der Gegenstand des Tests in deutlich kleinerer Schrift umschrieben ("F.-Mitmachzentrum im Test: 5 Parteien"). Unter dieser Angabe wiederum werden deutlich hervorgehoben das "test"-Logo sowie daneben Monat und Jahr aufgeführt, und zwar in identischer Form wie bei der genannten Darstellung der Testergebnisse der Antragstellerin.




bb) Es mag bei Ansicht der beanstandeten Werbung auf den ersten Blick ungewohnt erscheinen, dass die Antragstellerin nunmehr auch politische Parteien testet. Deutlich erkennbar soll sich der Test aber nicht auf politische Inhalte beziehen, sondern auf den Service von Geschäftsstellen oder Einrichtungen politischer Parteien ("F.-Mitmachzentrum im Test: 5 Parteien ... Servicequalität"). Eine derartige testweise Prüfung - mag sie auch neu erscheinen - ist mit den der Öffentlichkeit bekannten Untersuchungen der Antragstellerin in den verschiedensten Bereichen noch ohne weiteres zu vereinbaren.

Weitergehende Angaben, die etwa auf eine Parodie oder eine Übernahme der Aufmachung in einem nur übertragenen Sinne schließen lassen könnten, sind in der beanstandeten Werbung des Antragsgegners nicht enthalten. Die allein gegenläufige Angabe "b. consulting" am oberen Rand des Kastens ist sachlich gehalten und sie steht der Annahme einer ernst gemeinten Sachaussage (Mitteilung des Ergebnisses eines tatsächlich durchgeführten Tests) nicht entgegen.

Allein die Angabe "b. consulting" ist auch nicht geeignet, die Vorstellung eines Testurteils der Antragstellerin zu beseitigen. Dieser Name bzw. diese Firma ist in der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Zwar wird sie an der Stelle genannt, an der bei den Veröffentlichungen der Testergebnisse der Antragstellerin deren Name angegeben ist. Diese Angabe der Antragstellerin ist aber schon in den Veröffentlichungen ihrer Testergebnisse vergleichsweise unscheinbar (nicht zuletzt durch den dunkleren Hintergrund und des darin enthaltenen schwarzen Schriftzuges) und sie wird insbesondere durch das (auch vom Antragsgegner übernommene) "test"-Logo weit in den Hintergrund gedrängt. Es prägt deshalb auch nicht die Erinnerung der Verbraucher. Darüber hinaus läge hinsichtlich der beanstandeten Werbung die Annahme des angesprochenen Verkehrs nicht fern, die Antragstellerin habe sich zur Durchführung des Tests (unter ihrer Verantwortung) dieser Firma bedient.

b) Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass die vorstehend genannte Tatsachenbehauptung unwahr ist. Es ist nichts ersichtlich, dass dem Antragsgegner hätte Anlass geben können, von der Wahrheit der Behauptung auszugehen. Die Umstände drängen sogar die Annahme auf, dass der Antragsgegner bewusst und zielgerichtet die Fehlinformation eingesetzt hat, um eine größere Wirkung seiner Werbung in der Öffentlichkeit zu erreichen.

c) Die Tatsache ist geeignet, den Kredit der Antragstellerin zu gefährden bzw. sonstige Nachteile für den Erwerb oder das Fortkommen der Antragstellerin herbeizuführen.

aa) § 824 Abs. 1 BGB schützt die wirtschaftliche Wertschätzung von Unternehmen vor Beeinträchtigungen, die durch Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über sie unmittelbar herbeigeführt werden (BGH, NJW 1978, 2151; Z 90, 113, juris Rn. 49; Palandt/Sprau, BGB, 68. Auflage, § 824 Rn. 1). Geschützt sind nur wirtschaftliche Interessen. Der Verletzte soll davor bewahrt werden, dass das Vertrauen Dritter in seine wirtschaftliche Seriosität und Bonität erschüttert wird (OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 562; Palandt/Sprau, a.a.O., § 824 Rn. 8). Dem stehen sonstige Nachteile für den Erwerb (d.h. die gegenwärtige wirtschaftliche Stellung) und das Fortkommen (d.h. die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten) des Verletzten gleich. Der Schutzzweck der Norm umfasst aber nicht jede Bedrohung, die auf unrichtige oder herabsetzende Äußerungen zurückgeführt werden kann; erfasst sind vielmehr nur Nachteile, die sich in den bestehenden oder künftigen Geschäftsverbindungen zu (potentiellen) Geschäftspartnern im weiten Sinne niederschlagen, nicht solche, die nur ein außergeschäftliches Verhalten Dritter beeinflussen (BGHZ 90, 113, juris Rn. 53; Palandt/Sprau, a.a.O.).

bb) Die bewussten und zielgerichteten Falschinformationen in der beanstandeten Werbung des Antragsgegners sind geeignet, die wirtschaftliche Betätigung und Entfaltung der Antragstellerin im Wirtschaftsleben unmittelbar erheblich zu beeinträchtigen.

(1) Die beanstandete - der Öffentlichkeit allgemein zugängliche - Werbung des Antragsgegners suggeriert eine Betätigung der Antragstellerin im parteipolitischen - und damit einem stark emotional geprägten - Bereich.

Zwar belegt das Testergebnis als solches noch keine Verletzung einer parteipolitischen Neutralität der Antragstellerin. Nach dem Inhalt der beanstandeten Werbung sollen insgesamt fünf Parteien geprüft worden sein. Dass der daraus hervorgegangene Testsieger nicht mit sachgerechten Kriterien ermittelt worden wäre, kann dieser Werbung nicht unmittelbar entnommen werden. Auch die Herausstellung als Testsieger steht nicht notwendig der Annahme einer Neutralität der Antragstellerin entgegen. Bei den von der Antragstellerin im gewerblichen Bereich durchgeführten Testverfahren werden ebenso Testsieger ermittelt, ohne dass damit der Vorwurf verknüpft wäre, die Antragstellerin bevorteile damit dieses Unternehmen.

Die Antragstellerin wird mit der beanstandeten Werbung aber gegen ihren Willen in den politischen Bereich hineingezogen. Denn die beanstandete Werbung des Antragsgegners dient unmittelbar der Werbung für eine politische Partei. Anders als im Unternehmensbereich ist Parteipolitik in den Augen nicht weniger Bürger stark emotional geprägt. Deshalb besteht eine konkrete Gefahr, dass insbesondere die der Partei des Antragsgegners eher ablehnend gegenüber stehenden Verbraucher eine positive Werbewirkung von Äußerungen der Antragstellerin für diese Partei missbilligen und diese Missbilligung insgesamt auf das Werk der Antragstellerin übertragen wird. Dies kann nahe liegend insbesondere den Absatz der von der Antragstellerin verlegten Zeitschrift und eine Vermarktung ihrer Testergebnisse beeinträchtigen. Diese Gefahr beruht unmittelbar auf der Falschinformation des Antragsgegners.

(2) Darüber hinaus ist es ohne weiteres vorstellbar, dass von der beanstandeten Werbung angesprochene Bürger auch negative Erfahrungen mit dem Service von Einrichtungen des Antragsgegners gemacht haben oder machen werden. Für diese Verbraucher wäre das positive Testergebnis der Antragstellerin nicht nur irritierend, sondern es läge für sie auch die Annahme einer Falschbewertung durch die Antragstellerin nahe. Dies vermindert unmittelbar die Wertschätzung der Kompetenz der Antragstellerin im Bereich des testweisen Vergleichs von Waren und Dienstleistungen. Damit ist der Kernbereich der wirtschaftlichen Betätigung der Antragstellerin gefährdet.

(3) Die Verpflichtung der Antragstellerin zur Gemeinnützigkeit steht der Annahme einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Grundlagen nicht entgegen. Denn die Antragstellerin verfolgt ihre gemeinnützigen Ziele der Verbraucheraufklärung mithilfe privatwirtschaftlicher Gestaltungsmittel, insbesondere auch durch den Verkauf der von ihr herausgegebenen Zeitschriften, die über die Testergebnisse berichten.

d) Der dem Antragsgegner zustehende verfassungsrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG und der politischen Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG gibt vorliegend keinen Anlass, eine Kreditgefährdung der Antragstellerin nach § 824 Abs. 1 BGB und eine daraus abgeleitete Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich der beanstandeten Werbung zu verneinen.

Art. 5 Abs. 1 GG schützt nicht die Wiederholung bewusst unwahrer Tatsachenbehauptungen (BVerfGE 94, 1 ff; BGH, a.a.O., juris Rn. 47). Weitergehendes folgt auch nicht aus Art. 21 Abs. 1 GG.

Selbst wenn man in der beanstandeten Werbung des Antragsgegners insgesamt eine Meinungsäußerung zur Servicequalität seiner Einrichtung sehen wollte, bliebe doch - wie erörtert - die Behauptung eines positiven Testverfahrens der Antragstellerin als Tatsachenkern maßgeblich zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2006, 1130; NJW 2006, 207; NJW 2008, 358; NJW 2000, 199; BGH, NJW-R2 1008, 913, TZ. 18; NJW 1997, 2513; Palandt/Sprau, a.a.O., § 823 Rn. 102, § 824 Rn. 4 m.w.N.).

Zwar kommt dem Schutz von Äußerungen politischer Parteien, die um die Gunst der Wähler werben, ein erhebliches Gewicht zu, insbesondere in Zeiten eines Wahlkampfes. Der Antragsgegner äußert sich in der beanstandeten Werbung aber nicht zu allgemeinpolitischen, die Gesellschaft wesentlich berührenden Fragen. Die Qualität des Services parteipolitischer Einrichtungen spielt insoweit nur mittelbar eine Rolle.

Dem (unwahren) Tatsachenkern kommt hier schon deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil der Antragsgegner mit der vorliegenden Gestaltung seiner Werbung gerade den Umstand eines sachgerechten neutralen Testverfahrens herausstellen will und dies so auch vom angesprochenen Verkehr aufgefasst wird. Es ist dem Antragsgegner ohne weiteres möglich und zumutbar, allein das Unternehmen zu benennen, das die Tests vorgenommen hat (wohl die b. consulting), ohne dabei unmittelbar das Prestige der Antragstellerin in Anspruch zu nehmen. Soweit damit die Werbung des Antragstellers weniger öffentlich wirksam sein sollte, muss er dies im Hinblick auf die aufgezeigte schutzwürdige wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Antragstellerin hinnehmen.

e) Die Anwendung der allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 824, 1004 BGB ist vorliegend nicht durch die Regelungen des Kennzeichenrechts (insbesondere des MarkenG) ausgeschlossen.

aa) Zwar enthält die beanstandete Werbung in markenrechtlich eine Verwechslungsgefahr begründender Form Kennzeichen (insbesondere die oben genannten Marken) der Antragstellerin. Gerade darauf beruht auch die Annahme der oben dargestellten Tatsachenbehauptung zu einem von der Antragstellerin durchgeführten Test, aus dem die Einrichtung des Antragsgegners als Testsieger vorgegangen sei. Es kommt hinzu, dass der angesprochene Verkehr diese Tatsachenbehauptung nicht nur als eine solche des Antragsgegners (über sich und die Antragstellerin) erkennt, sondern dass er nach dem Inhalt der beanstandeten Werbung eine eigene Aussage der Antragstellerin zu einem von ihr durchgeführten Test annimmt. Dies ist markenrechtlich nicht eine notwendige, aber doch die typische Konstellation (unmittelbare Verwechslungsgefahr). Wenn das Kennzeichenrecht in §§ 14, 15 MarkenG einen Kennzeichenschutz allerdings nur "im geschäftlichen Verkehr" gewährt, bedarf ein weitergehender Schutz im privaten Rechtsverkehr aufgrund allgemeiner deliktsrechtlicher Vorschriften einer besonderen Rechtfertigung.



Zutreffend hat das Landgericht im angefochtenen Beschluss trotz der gebotenen weiten Auslegung der markenrechtlichen Voraussetzung eines "geschäftlichen Verkehrs" eine wirtschaftliche Betätigung des Antragsgegners mit der beanstandeten Werbung verneint. Diese dient nur seiner parteipolitischen Tätigkeit, die als solche keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Weitergehendes hat die Antragstellerin zum Gegenstand des "F.-Mitmachzentrum" auch nicht vorgetragen. Die Angabe "b. consulting" weist zwar auf ein gewerbliches Unternehmen hin. Damit soll aber nur eine Mitwirkung dieses Unternehmens am Testverfahren oder der Darstellung seines Ergebnisses verlautbart werden. Dieser Hinweis wird betont im Hintergrund gehalten. Damit stellt sich diese Angabe nur als eine die politische Werbung des Antragsgegners für seine Einrichtung notwendig begleitende dar. Es fehlt deshalb - wie das Landgericht zutreffend ausführt - an einem hinreichenden objektiven Zusammenhang zwischen der Handlung des Antragsgegners und einer Förderung der unternehmerischen Tätigkeit dieses Unternehmens.

bb) Eine Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften gegenüber einem Handeln im privaten Rechtsverkehr ist zwar nicht von vornherein im Hinblick auf die speziellen Bestimmungen des Markengesetzes ausgeschlossen (BGH, GRUR 2009, 871, TZ. 37 m.w.N. - Ohrclips). Der Schutz von Marken nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften muss jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil der Schutz von Marken im MarkenG spezialgesetzlich ausgestaltet und auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zugeschnitten ist. Dies gilt auch für den Schutz bekannter Marken, der im MarkenG eine umfassende Regelung erfahren hat. Allgemeine zivilrechtliche Bestimmungen können daher ergänzend nur herangezogen werden, wenn der Schutz nach dem MarkenG versagt. Davon kann nicht schon dann ausgegangen werden, wenn eine bekannte oder berühmte Marke außerhalb des geschäftlichen Verkehrs und damit im privaten Rechtsverkehr (etwa auf einer Internet-Plattform) Verwendung findet (BGH, a.a.O., m.w.N.). Ob unter diesen Umständen noch an den Grundsätzen eines aus § 823 Abs. 1 BGB abgeleiteten Schutzes gegen eine Verwässerung von Marken (der eine Berühmtheit der Marke voraussetzt, BGH, GRUR 1990, 711 - Telefonnummer 4711; GRUR 1991, 863, 865 f - Avon; Bornkamm, GRUR 2005, 97, 100; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 10 Rn. 788 m.w.N.) festgehalten werden kann (ablehnend schon zuvor etwa OLG Frankfurt, GRUR-RR 2005, 317, juris Rn. 11 unter Hinweis auf eine wegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG fehlende Regelungslücke), kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist im privaten Rechtsverkehr der allgemeine deliktsrechtliche Schutz aus §§ 823 ff BGB für Marken dann eröffnet, wenn ein schwerwiegender Angriff auf die Marke vorliegt (so BGH, a.a.O., Ohrclips, TZ. 38 im Zusammenhang mit der Prüfung des § 826 BGB; ebenso schon OLG Frankfurt, a.a.O., juris Rn. 14). Bei der danach gebotenen Abwägung des jeweiligen Einzelfalles ist die Bekanntheit oder Berühmtheit einer Marke jedenfalls ein gewichtiger Umstand. An einem schwerwiegenden Angriff auf die Marke soll es etwa dann fehlen, wenn die Marke nur Bezug nehmend ("a la Cartier") verwendet wird, und sei es auch auf einer Internet-Plattform (BGH, a.a.O., Ohrclips, TZ. 38; noch enger wohl OLG Frankfurt, a.a.O., juris Rn. 15 selbst bei einer unmittelbar kennzeichnenden Verwendung).

Das Erfordernis einer Interessenabwägung bei einem Kennzeichenschutz außerhalb des geschäftlichen Verkehrs ist konsequent. Denn immerhin das Unternehmenskennzeichenrecht kennt mit § 12 BGB einen flankierenden Schutz der Firma eines Unternehmens (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 12 Rn. 9 m.w.N.) auch im privaten Verkehr. § 12 BGB setzt aber weitergehend als der markenrechtliche Kennzeichenschutz eine Interessenverletzung und damit eine konkrete Interessenabwägung voraus. Es wäre schwer verständlich, wenn der Schutz einer Marke im privaten Rechtsverkehr darüber hinausginge oder dahinter zurückbliebe. Insoweit liegt es - in Angleichung zu § 12 BGB - nahe, für den Schutz einer Marke im privaten Rechtsverkehr ein berechtigtes, deutlich überwiegendes Interesse des Markeninhabers genügen zu lassen. Darüber hinaus muss ein flankierender deliktsrechtlicher Schutz von Marken nicht notwendig auf den Gebrauch im (privaten) "Rechtsverkehr" (Vorbereitung oder Durchführung eines Rechtsgeschäfts) beschränkt werden. So kommt eine Interessenverletzung im Sinne des § 12 BGB auch dann in Betracht, wenn etwa nur der Eindruck persönlicher oder familiärer Beziehungen erweckt wird (BGHZ 124, 173, 181; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 12 Rn. 31 m.w.N.) oder wenn der Name mit politischen Zielen in Zusammenhang gebracht wird, die der Namensträger missbilligt (BGHZ 8, 318, 323; Palandt/Ellenberger, a.a.O.). Bei den im Geschäftsleben geführten Namen ist zwar nur ein geschäftliches Interesse schutzwürdig, dass sich aber ausnahmsweise auch aus ideellen Belangen ergeben kann (BGH LM Nr. 42 zu § 12 BGB; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 12 Rn. 32). Schutzwürdig im Sinne des § 12 BGB ist im Wirtschaftsverkehr aber vor allem das Interesse, nicht mit anderen Unternehmen verwechselt zu werden (Palandt/Ellenberger, a.a.O.).




Die (allein) das Markenrecht (und nicht auch das Unternehmenskennzeichenrecht) verbindlich und grundsätzlich abschließend regelnde Markenrechtsrichtlinie (RL 89/104/EG vom 21.12.1988) steht dem nicht entgegen. Gemäß Abs. 6 der Erwägungen der Markenrechtsrichtlinie will sie nicht ausschließen, dass auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden.

cc) Vorliegend ist von einem berechtigten, deutlich überwiegenden Interesse der Antragstellerin, im Übrigen sogar von einem schwerwiegenden Angriff auf die Kennzeichen der Antragstellerin auszugehen.

Die Kennzeichen der Antragstellerin werden nicht nur Bezug nehmend, sondern unmittelbar kennzeichnend verwendet. Der Antragsgegner ist für diese erstmalige Verwendung gegenüber der Öffentlichkeit unmittelbar selbst (mit-) verantwortlich. Über die Hauptfunktion einer Marke (im Rahmen des Produkt- oder Dienstleistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu dienen, vgl. EuGH, GRUR Int. 1999, 438, TZ. 38 - BMW; BGH, GRUR 2002, 814, 815 - Festspielhaus; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 78 m.w.N; zu weitergehenden Funktionen einer Marke vgl. EuGH, GRUR 2009, 756, TZ. 58) hinausgehend sollen die vorliegend benutzten Marken der Antragstellerin nicht nur eine Zuordnung einer Ware oder Dienstleistung zu einem Unternehmen bewirken, sondern sie sind verbunden mit einer Sachaussage (Durchführung und Ergebnis des Tests). Die Marken der Antragstellerin mögen nicht berühmt sein (soweit dafür mindestens eine Verkehrsbekanntheit von 80 % des angesprochenen Verkehrs gefordert wird, vgl. etwa BGH, GRUR 1991, 863, 866 - Avon; OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 352, juris Rn. 14; krit. etwa Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 788 m.w.N.), sie sind aber mit einer glaubhaft gemachten Verkehrsbekanntheit von über der Hälfte der Bevölkerung sehr bekannte Marken, die zudem - gerichtsbekannt - für eine besonders hohe Wertschätzung der Antragstellerin (wegen der Neutralität und Objektivität ihrer Testverfahren) bei den Verbrauchern stehen. Der Antragsgegner sucht diese Reputation der Antragstellerin für seine parteipolitische Zwecke auszunutzen. Dabei stellt er bewusst eine im Kern unwahre Tatsachenbehauptung auf. Dadurch werden - wie erörtert - schützenswerte wirtschaftliche Interessen der Antragstellerin in einem erheblichen Umfang gefährdet. Es ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche Werbung als Aushang an der Eingangstür des "Mitmachtzentrums" des Antragsgegners nur von einer vernachlässigenswert geringen Anzahl von Bürgern wahrgenommen werden konnte oder kann. Der Antragsgegner ist auf eine effektheischende Aufmachung seiner Werbung in der streitgegenständlichen Art nicht angewiesen. Soweit ein alleiniges Herausstellen des wahren Testunternehmens weniger Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erzeugen und das Testurteil dann auch weniger überzeugend sein sollte, wäre dies sachlich angemessen und dem Antragsgegner ohne weiteres zuzumuten. Unter diesen Umständen kann die Antragstellerin auch nicht für einen hinreichenden Rechtsschutz darauf verwiesen werden, ausschließlich markenrechtlich gegen das in der streitgegenständlichen Werbung (wie erörtert in der oberen Zeile) genannte Unternehmen vorzugehen. Dies gilt schon deshalb, weil die Antragstellerin Aufgabe und Funktion dieses Unternehmens hinsichtlich der beanstandeten Werbung und des ihr zu Grunde liegenden Testverfahrens nicht hinreichend sicher einschätzen, mithin auch nicht sicher von einer Tatbeteiligung dieses Unternehmens wissen kann. Auch bliebe die Antragstellerin ungeschützt, wenn der Antragsgegner schlicht den Hinweis auf dieses Unternehmen aus seiner Werbung entfernen und gegebenenfalls die Werbung nunmehr in alleiniger Verantwortung gestalten würde. Der Hinweis auf dieses Unternehmen ist vorliegend - wie erörtert - für die Begründung des Unterlassungsanspruchs unerheblich.



Allerdings ist die streitgegenständliche Werbung nicht im "Rechtsverkehr" verwendet worden. Die parteipolitische Werbung des Antragsgegners ist nicht auf den Abschluss von Rechtsgeschäften gerichtet (weitergehendes zu den Inhalten des "Mitmachzentrums" des Antragsgegners ist von der Antragstellerin - wie erörtert - nicht vorgetragen worden). Dies schwächt vorliegend die Verletzung der Interessen der Antragstellerin aber nicht wesentlich ab. Die beanstandete Werbeaussage ist für die Öffentlichkeit allgemein zugänglich. Es werden also nicht nur bestimmte ausgewählte private Personenkreise von ihr angesprochen. Gegenstand der unter Mithilfe der Marken der Antragstellerin bewirkten Fehlinformation ist eine geschäftliche Handlung (testweise Prüfung durch eine neutrale Einrichtung). Diese Fehlinformation ist gerade deshalb in besonderem Maß gefährlich, weil sie erkennbar von der angesprochenen Öffentlichkeit ernst genommen werden soll. Unter diesen Umständen ist es nicht von wesentlicher Bedeutung, dass die beanstandete Werbung kein rechtsgeschäftliches Verhalten gegenüber dem Antragsgegner vorbereiten soll, solange - wie erörtert - diese Werbung geeignet ist, sich unmittelbar auf ein (rechts-) geschäftliches Verhalten der angesprochenen Verbraucher gegenüber der Antragstellerin auszuwirken.

2. Zur Abwendung - wie erörtert - wesentlicher Nachteile der Antragstellerin ist eine dringende Regelung durch den Erlass einer Unterlassungsverfügung geboten, § 940 ZPO. Selbst wenn die beanstandete Werbung nicht andauern sollte, muss mit einer jederzeitigen Wiederholung dieser Werbung gerechnet werden.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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