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OLG Koblenz Urteil vom 26.11.2009 - 2 U 1497/08 - Kein Widerrufsrecht im Lastschriftverfahren bei stillschweigendem Einverständnis

OLG Koblenz v. 26.11.2009: Kein Widerrufsrecht im Lastschriftverfahren bei stillschweigendem Einverständnis


Das OLG Koblenz (Urteil vom 26.11.2009 - 2 U 1497/08) hat entschieden:
Auch wenn nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken innerhalb von 6 Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses Einwendungen gegen Lastschriftbuchungen erhoben werden können, ist ein Widerruf jedenfalls dann nicht möglich, wenn eine konkludente Genehmigung der Lastschriftbuchungen vorliegt. Dies kann bei Lastschriftabbuchungen von Dauerschuldverhältnissen – Leasingraten, Telefonkosten, Energie- und Sozialversicherungsbeiträge – der Fall sein, insbesondere wenn der Kunde und spätere Insolvenzschuldner durch tägliche Kundendispositionen auf einem ausschließlich auf Guthabensbasis zu führenden Online-Konto zum Ausdruck gebracht, dass er die Lastschriftbuchungen nicht rückgängig machen wollte (in Anknüpfung an Rspr. des 11. Zivilsenat in BGHZ 144, 349, 354; BGH, Urteil vom 25.10.2007 – IX ZR 217/06 – WM 2007, 2246, 2250; Urteil vom 10.06.2008, WM 2008, 1963 ff.).




Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter Einziehungsermächtigungen, die in den letzten sechs Wochen vor Insolvenzantragstellung zu Belastungen des Kontos der Schuldnerin geführt haben, widerrufen durfte. Die Schuldnerin hatte bei der Beklagten ein Girokonto, welches auf Guthabenbasis geführt worden ist.

Die Schuldnerin erhielt entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten quartalsmäßig Rechnungsabschlüsse. Mit Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 02.11.2007 ist die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden (Anlage K 2, GA 17).

Mit Schreiben vom 05.11.2007 unterrichtete der Kläger die Beklagte über die Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens und teilte ihr u. a. mit, dass er Einzugsermächtigungen, die zu Belastungen des Kontos der Schuldnerin innerhalb von sechs Wochen vor Insolvenzantragstellung (30.10.2007) geführt hätten, hiermit ausdrücklich widerspreche und die Beklagte diese Belastungen rückgängig machen solle. Die sich hieraus ergebenden Gutschriften sollte die Beklagte auf ein genanntes Anderkonto überweisen.

Da keine Reaktion von Seiten der Beklagten erfolgte, wiederholte der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2007, 14.01.2008 und 24.01.2008 seine Aufforderung. Mit Schreiben vom 31.01.2008 lehnte die Beklagte die Rückgängigmachung der Buchungen ab. In dem fraglichen Zeitraum sind Belastungen durch Lastschriften in Höhe von 15 942,36 € (Aufstellung GA 7) erfolgt. Mit Beschluss vom 01.01.2008 ist das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Der Kläger hat vorgetragen, als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt sei er berechtigt, Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu widerrufen, auch wenn keine sachlichen Einwendungen gegen die eingezogenen Forderungen bestünden.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter EUR 15.942,36 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.11.2007 zu zahlen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, den Belastungsbuchungen habe vorwiegend der Lastschrifteinzug aus Dauerschuldverhältnissen zugrunde gelegen. Der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, Herr F., habe die Belastungsbuchungen konkludent genehmigt. Der Kläger habe die Nichtberechtigung der Belastungsbuchungen nicht dargelegt. Es handele sich u. a. um Beiträge für Energieträger, für Sozialversicherungsträger und um Leasingraten. Ein pauschaler Widerspruch sei für sie als Bank nicht verbindlich. Zudem sei ein solcher sittenwidrig. Auch stehe der Geltendmachung der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH davon ausgegangen, dass der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter den erfolgten Abbuchungen vom Girokonto nicht grundlos widersprechen dürfe. Denn der Widerspruch hätte, wenn ihn der Schuldner ausgesprochen hätte, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Gläubiger oder der beteiligten Banken dargestellt. Die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats, wonach der vorläufige Insolvenzverwalter im Lastschriftverfahren ein Widerspruchsrecht auch für den Fall habe, dass gegen die Forderung keine materiell-rechtlichen Einwendungen bestünden, sei nicht überzeugend.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Der Kläger trägt vor, das Landgericht sei zu Unrecht der Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH (Bankensenat) gefolgt. Diese Auffassung stehe in Widerspruch zu der Rechtsauffassung des IX. Zivilsenats des BGH, wonach im Einzugsermächtigungsverfahren in ständiger Rechtsprechung an der Genehmigungstheorie festzuhalten sei, wonach Belastungen des Schuldnerkontos erst mit Genehmigung des Schuldners wirksam werden. Die dem Gläubiger erteilte Einzugsermächtigung erhalte gerade keine Befugnis, das Weisungsrecht des Schuldners gegenüber seiner Bank auszuüben, sondern lediglich die Gestattung, das von der Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des Lastschrifteinzugs zu benutzen. Weitergehender Erklärungsinhalt komme der Einzugsermächtigung nicht zu. Daraus folge, dass die Gläubigerforderung auch nach der Gutschrift auf dessen Konto und der Belastungsbuchung des Schuldnerkontos noch nicht erfüllt sei, vielmehr der Gläubiger weiterhin den Erfüllungsanspruch, der sich nunmehr auf Genehmigung der Belastung richte, gegen den Schuldner habe. Vor der Genehmigung der Buchung durch den Schuldner sei nichts aus dessen Vermögen abgeflossen und die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto könne dem Schuldner auch nicht aus andern Gründen als Leistung zugerechnet werden, da die Einzugsermächtigung keine Befugnis des Gläubigers begründe, über das Konto des Gläubigers zu verfügen. Der Kläger beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter 15.942,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.11.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte tritt der Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH bei und ist im Übrigen der Auffassung, dass die spätere Insolvenzschuldnerin die Lastschriftabbuchungen auf dem streitgegenständlichen Konto konkludent genehmigt habe. Die Insolvenzschuldnerin habe die Buchungen regelmäßig kontrolliert und dabei keinerlei Fehlbuchungen beanstandet. Das Konto sei unstreitig ausschließlich auf Guthabenbasis zu führen gewesen, deshalb sei mit den von der späteren Insolvenzschuldnerin vorgenommenen Online-Buchungen davon auszugehen, dass die zwischenzeitlich erfolgten Lastschriftbuchungen konkludent genehmigt worden seien.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen ( § 540 Abs. 1 ZPO ).


II.

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Senat hat zunächst gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisverfügung des Vorsitzenden vom 10.07.2009 (GA 248 ff.) darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern ( § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Die Erfolgsaussichten der Berufung sind verneint worden. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10.08.2009 (GA 257 ff.) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Der Senat hat im Anschluss hieran die grundsätzliche Bedeutung der Sache bejaht und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist umstritten, ob der vorläufige bzw. schwache Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ( §§ 21, 22 InsO ) Lastschriften, die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgt sind, widersprechen kann, unabhängig davon ob dem Schuldner eine sachlich rechtliche Einwendung gegen die Gläubigerforderung zusteht (vgl. hierzu Kirchhof, WM Sonderbeilage Nr. 1/2008, S. 8).

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertritt hierzu die Auffassung, dass die Regelung des § 826 BGB als spezielle Ausprägung des die gesamte Zivilrechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) uneingeschränkt auch für vorläufige Insolvenzverwalter gelte. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter stünden innerhalb von Vertragsverhältnissen nicht mehr und keine anderen Rechte als dem Schuldner zu ( BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f.; 106, 169, 175; 144, 349, 351; BGH, Urteil vom 17.1.21998 – IX ZR 151/98 – WM 1999, 229, 230; Urteil vom 10.06.2008 – XI ZR 283/07 – WM 2008, 1963). Er dürfe deshalb keine Handlungen vornehmen, durch die der Schuldner eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB begehen würde. Durch die Beantragung eines Insolvenzverfahrens, dessen Eröffnung möglicherweise abgelehnt werde, werde sittenwidriges nicht plötzlich zu anständigem Verhalten. Daher sei auch der vorläufige Insolvenzverwalter an die rechtliche Verpflichtung des Schuldners gebunden, sittenwidrige Lastschriftwidersprüche zu unterlassen. Das Insolvenzrecht rechtfertige es nicht, das Grundinstrumentarium des BGB „für Zwecke des Insolvenzverfahrens“ umzuinterpretieren und das Einzugsermächtigungsverfahen in der Insolvenz des Schuldners zu einem Instrument der Massenmehrung umzufunktionieren (BGH, Urteil vom 10.06.2008, WM 2008, 1963 ff. m.w.N.).

Der XI. Zivilsenat hat allerdings dargelegt, dass – sofern der Schuldner die Belastungsbuchung weder ausdrücklich noch konkludent genehmigt habe (vgl. dazu 11. Zivilsenat in BGHZ 144, 349, 354; BGH, Urteil vom 25.10.2007 – IX ZR 217/06 – WM 2007, 2246, 2250; Urteil vom 10.06.2008, WM 2008, 1963 ff.) die Genehmigung nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken spätestens dann als erteilt gelte, wenn der Schuldner nicht innerhalb von 6 Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses Einwendungen erhoben habe.

Demgegenüber vertritt der IX. Zivilsenat (Urteile vom 04.11.2004 – IX ZR 22/03, IX ZR 82/03, IX ZR 28/04; Urteil vom 21.09.2006 – IX ZR 173/02 und Urteil vom 25.10.2007 – IX ZR 217/06 ) die Auffassung, dass bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ( § 21 Abs. 1 InsO ) berechtigt sei, einer Lastschrift, die der Schuldner noch nicht genehmigt habe, auch ohne anerkennenswerte Gründe zu widersprechen. Schon der vorläufige Insolvenzverwalter habe weitergehende Rechte zum Widerspruch als der Schuldner. Bevor dieser die Lastschrift nicht genehmigt habe, sei die zur Einziehung gegebene Lastschrift nicht erfüllt. Dies sei nur anders, wenn die dem Gläubiger nach Einlösung durch die Zahlstelle erteilte Gutschrift als durch die Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners auflösend bedingt anzusehen sei. Die Annahme einer auflösenden Bedingung sei jedoch mit der vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Genehmigungstheorie nicht vereinbar (zustimmend Kirchhof, WM Sonderbeilage 1/2008, S. 8).

Vorliegend wurde die Insolvenzschuldnerin in den Rechnungsabschlüssen vom 02.10.2007 und 13.11.2007 auf die „fiktive“ Genehmigungsfrist nach Nr. 7 Abs. 3 der AGB hingewiesen. Unter Berücksichtigung der Sechs-Wochen-Frist hatte die Schuldnerin bis zum 13.11. bzw. 27.12.2007 die Möglichkeit den Lastschriften der entsprechenden Quartale zu widersprechen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt galten die Lastschriften daher als genehmigt (GA 88). Der Kläger hat mit Schreiben vom 05.11.2007, d.h. innerhalb der Frist mitgeteilt, dass er Einzugsermächtigungen, die zu Belastungen des Kontos der Schuldnerin, die innerhalb von sechs Wochen vor Insolvenzantragstellung am 30.10.2007 geführt hätten, ausdrücklich widerspreche und die Beklagte aufgefordert, diese Belastungen rückgängig zu machen. Die daraus resultierenden Gutschriften sollte die Beklagte auf ein Anderkonto überweisen. Die Beklagte ist dem nicht nachgekommen. Der Kläger hat fristgerecht den innerhalb des Zeitraums von 6 Wochen vor Insolvenzantragstellung (18.09.2007 bis 30.10.2007) sowie nach Antragstellung bis zum 5.11.2007 erfolgten Lastschriftbuchungen widersprochen. Die Aufstellung in der Klageschrift erfasst die Lastschriftbuchungen vom 21.09. bis 05.11.2007. Die Beklagte hat hinsichtlich der vom Kläger vorgenommenen Fristberechnung keine Einwände erhoben (Seite 5/6 der Klageerwiderung , GA 88/89).

Das Landgericht hat sich hinsichtlich der grundsätzlichen Frage des Widerspruchs gegen Lastschriftbuchungen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter der Auffassung des XI. Zivilsenats angeschlossen und ausgeführt, dass der vorläufige Insolvenzverwalter nicht mehr Rechte als der Schuldner habe und keine Handlungen vornehmen dürfe, durch die der Schuldner eine vorsätzliche sittenwidrige Handlung nach § 826 BGB vornehmen dürfe. Bei dem Lastschriftverfahren handele es sich um ein wichtiges Institut für den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Die einredefreie Forderung des Gläubigers im Valutaverhältnis sei bei Vereinbarung des Einzugsermächtigungsverfahrens nach dem Willen der Parteien ebenso wie bei der Bezahlung durch Überweisung, Ausstellung eines Schecks oder Vereinbarung des Abbuchungsverfahrens bereits mit der Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstelle erfüllt und erloschen. Die Erfüllung stehe nicht unter der auflösenden oder gar aufschiebenden Bedingung der Rückbelastung des Gläubigers durch die erste Inkassostelle wegen Widerspruchs des Schuldners gegen die Buchungsbelastung im Deckungsverhältnis (unter Bezugnahme auf Nobbe/Ellenberger, Unberechtigte Widersprüche des Schuldners im Lastschriftverkehr, WM 2006, 1885, 1892). Nur für den Fall, dass Einziehungen unberechtigt erfolgen, sei ein Widerspruch durch den Schuldner bzw. Insolvenzverwalter möglich. Ein zweckwidriger grundloser Widerspruch sei – wenn vom Schuldner ausgesprochen – sittenwidrig und dem Geschädigten werde ein Anspruch aus § 826 BGB zuerkannt (unter Bezugnahme auf BGH WM 2001, 1458 f.). Dass für den Insolvenzverwalter hier andere Maßstäbe gelten sollten, erscheine nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat demzufolge die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Senats kann im konkreten Fall dahinstehen, welcher Auffassung der widerstreitenden Zivilsenate des Bundesgerichtshofs dem dogmatischen Ansatz nach der Vorzug zu geben ist. Denn auch wenn man die Auffassung des IX. Zivilsenats zugrunde legt, gelangt man hier zu dem Ergebnis, dass die Klageforderung unberechtigt ist.

Der IX. Zivilsenat hat in seiner jüngeren Entscheidung vom 25.10.2007 ( BGHZ 174, 84 ff. = BGH – IX ZR 217/06 – NJW 2008, 63 ff. = WM 2007, 2246 ff.) ausgeführt, dass seine dogmatische Lösung den einzelnen Gläubiger nicht unbillig benachteilige ( BGHZ 161, 49, 57 ff. ). Der hier zu Tage tretende Gegensatz zwischen den Interessen des vorläufigen Insolvenzverwalters und denjenigen der Gläubigergesamtheit lasse sich durchaus sachgerecht lösen, jedoch nicht auf dem Weg einer insolvenzrechtlich unhaltbaren rechtlichen Konstruktion, sondern vielmehr dadurch, dass an das konkludente Genehmigen des Schuldners – insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen – keine zu hohen Anforderungen zu stellen seien.

Die vorgenommenen Lastschriftbuchungen betreffen hier ausschließlich wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, wie Zahlungen für Energie- und Sozialversicherungsträger, Leasingraten für die Daimler Chrysler Deutsche Leasing GmbH und Telefongesellschaften. So wurden Leasingraten bei der …Leasing GmbH und der …Leasing AG in Höhe von 2.062,66 € bzw. 1.896,26 € abgebucht. Die Abbuchungen für den Energieträger, die …Vertrieb GmbH & Co. KG belaufen sich auf 4.162,92 €. Die Lastschriftbuchungen bezüglich der Telekommunikationsforderungen belaufen sich auf 142,80 € (…) und 110,58 € (…). Die Mehrzahl der vom Kläger pauschal widersprochenen Lastschriften betrifft Beitragszahlungen der Insolvenzschuldnerin an die Sozialversicherungsträger (AOK … 4.213,95 €; IHK … = 3.098,12 €; DRV … = 48,16 €) sowie an die … Versicherung (35,70 €).

Vorliegend kann aufgrund der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats davon ausgegangen werden, dass vorstehende Lastschriftabbuchungen, die wiederkehrende Dauerschuldverhältnisse und Leistungen an Sozialversicherungsträger, Energieträger, Telekommunikationsgesellschaften, Leasinggesellschaften etc. betreffen, als konkludent genehmigt gelten.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Insolvenzschuldnerin durch ihren Geschäftsführer innerhalb des Sechs-Wochenzeitraums vor Insolvenzantragstellungen Online-Buchungen vorgenommen hat (PC-Überweisungen vom 29.10.2007 über 2.850,00 € und 4.660,00 € und vom 30.10.2007 über 2 104,59 €) und so die vorausgehenden Abbuchungen konkludent genehmigt hat. Dem steht nicht entgegen, dass ein Schweigen auf einen zugegangenen Tageskontoauszug noch nicht zwingend eine schlüssige rechtsgeschäftliche Erklärung darstellt. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass das Online-Konto nur auf Guthabenbasis geführt werden durfte. Das erforderte, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Kontodisposition nur unter Anerkennung des täglichen Schuldensaldos einrichten konnte, um eine Kontoüberziehung auszuschließen bzw. dass ein Überweisungsauftrag mangels Kontodeckung elektronisch nicht ausgeführt werden konnte. Dieser elektronischen Dispositionsmöglichkeit kommt daher eine andere rechtliche Qualität zu als dem Schweigen auf die Zusendung eines Kontoauszugs. Durch die tägliche Kundendisposition bringt die Insolvenzschuldnerin zum Ausdruck, dass sie die bisherige Ausnutzung ihres Verfügungsrahmens nicht rückgängig machen will.

Soweit der Kläger einwendet (S. 2/3 des Schriftsatzes vom 10.08.2009, GA 258/259), der für die Rechtsfrage zuständige Xl. Zivilsenat (Bankensenat) habe sich bislang zur Frage der konkludenten Genehmigung im Lastschriftverfahren noch nicht abschließend geäußert, übersieht der Kläger, dass der Xl. Zivilsenat des Bundesgerichtshof grundsätzlich die Auffassung vertritt, dass die Regelung des § 826 BGB als spezielle Ausprägung des die gesamte Zivilrechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) uneingeschränkt auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter gelte und es dem vorläufigen Insolvenzverwalter untersagt sei, sittenwidriger Weise Lastschriftwidersprüche vorzunehmen ( BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f.; 106, 169, 175; 144, 349, 351,BGH Urteil vom 17.01.1998 – IX ZR 151/8 – WM 1999, 229, 230; Urteil vom 10.06.2008 – XI ZR 283/07 – WM 2008, 1963).

Die Klägerin beanstandet ferner zu Unrecht, dass der Senat in Anknüpfung an die Rechsprechung des IX. Zivilsenats prüft, ob bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen von einer konkludenten Genehmigung des Schuldners auszugehen ist. Der IX. Zivilsenat hat in seiner Entscheidung vom 25.10.2007 ( BGHZ 174, 84 ff. = BGH – IX ZR 217106 – NJW 2008, 63 ff. = WM 2007, 2248 ff.) dargelegt, dass an eine konkludente Genehmigung des Schuldners in diesem Falle keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind (BHGHZ 161, 49, 57 ff = Urteil vom 04.11.2004 – ZIP 2004, 2442). Der Senat hat im Konkreten dargelegt, um welche Lastschriftbuchungen es sich handelte. Diese betreffen ausschließlich wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, wie Zahlungen für Energie- und Sozialversicherungen sowie Telekommunikationsunternehmen oder Leasingraten.

Schließlich hat der Senat auf die Sondersituation hingewiesen, dass die Insolvenzschuldnerin innerhalb des Sechs-Wochenzeitraums vor Insolvenzantragstellung Online-Buchungen von einem Konto vorgenommen hat, das nur auf Guthabensbasis geführt werden konnte. Die Insolvenzschuldnerin musste bei jeder Kontobewegung sicherstellen, dass keine Kontoüberziehung erfolgt. Durch die tägliche Kundendisposition hat die Insolvenzschuldnerin zum Ausdruck gebracht, dass sie Lastschriftbuchungen nicht rückgängig machen wollte Der Senat hält an dieser Auffassung trotz Hinweises auf die Entscheidungen des OLG Köln vom 05.11.2008 – 2 U 78/08 – ZIP 2009, 232 (Anlage 15, GA 292 ff.) und BGH, Urteil vom 07.05.2009 (IX ZR 61/08 ) fest. Die Ausführungen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2009 (GA 336) führen nicht zu einer abweichenden Auffassung des Senats. Soweit nach dem 30.10.2007, d.h. am 02. und 05.11.2007 (GA 7), noch Lastschriftabbuchungen erfolgten, kommt es auf die Frage, ob auch diese Abbuchungen von einer konkludenten Genehmigung erfasst sind, nicht an, da der Kläger mit Schreiben vom 05.11.2007 nur den Widerruf der Einzugsaufträge für den Zeitraum von 6 Wochen vor Insolvenzantragstellung am 30.10.2007 ausgesprochen und um die sofortige Sperrung des Kontos, der Daueraufträge und Einzugsermächtigungen ab 05.11.2007 ersucht hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen des IX. und XI. Zivilsenats des BGH zur Frage, ob der vorläufige Insolvenzverwalter innerhalb der 6-Wochenfrist vor Insolvenzantragstellung pauschal dem Lastschrifteinzug widersprechend darf, zugelassen.



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